Unterschiedliche Zyklen der polnischen Künstlerin sind bis zum 15. März im Kunstmuseum zu sehen. Den Auftakt stellen Werke der Reihe „Herstories“ dar, die wichtige weibliche Figuren der Rom*nja zeigen. Dabei verwendete Małgorzata Mirga-Tas nicht nur Farben, sondern auch Stoffe wie Bettlaken oder Tischtücher aus ihrem Umfeld. Ausschließlich benutzte Stoffe, wie die Künstlerin betont. Somit tragen die Textilien ein Stück Geschichte ihrer Vorbesitzer und Vorbesitzerinnen in sich.
Zuerst hatte sie sich für die Bilder dieser Reihe Fotos als Grundlage ausgesucht, dann erste Skizzen angefertigt, bevor sie sich für die Größe entschied. „Die Bilder mussten einfach so groß werden, weil die dargestellten Personen von so großer Bedeutung sind“, erklärt Małgorzata Mirga-Tas, die selbst Romni-Aktivistin ist. Aber auch Frauen, die für sie selbst von großer persönlicher Bedeutung sind, tauchen in ihren Bildern auf. Beim Erstellen der großformatigen Bilder wird Małgorzata Mirga-Tas von drei Helferinnen aus ihrer Community unterstützt. Schon mit dem Titel dieser Reihe will Małgorzata Mirga-Tas die historischen Errungenschaften der Frauen hervorheben.
Mit dem Animationsfilm „Noncia“ von 2022 erzählt Małgorzata Mirga-Tas die Geschichte der Rom*nja-Heldin Anfreda „Noncia“ Markowska (1926-2021). Während des Zweiten Weltkriegs rettete diese rund 50 jüdische Kinder vor dem nationalsozialistischen Besatzungsregime. Mit animierten Textcollagen macht Małgorzata Mirga-Tas die Geschichte Nonchias sichtbar und ehrt ihre heroischen Taten, die mit einem der höchsten Orden Polens, dem Orden Polonia Restituta, ausgezeichnet wurden.
Der Fokus ihrer Arbeiten legt Małgorzata Mirga-Tasganz klar auf dem Leben der Rom*nja-Gemeinschaften, Europas größter ethnischer Minderheit, deren Mitglieder Jahrhunderte der Ausgrenzung und Verfolgung erfahren hatten - und es zum Teil auch heute immer noch tun. In ihren Werken greift Małgorzata Mirga-Tas historische Narrative auf, verbindet Vergangenheit und Gegenwart, verarbeitet Vorurteile und setzt sich ihnen mit ihren farbenfrohen und aussagekräftigen Werken entgegen.
Aufmerksamt wurde Dr. Andreas Beitin, Direktor des Kunstmuseums und Kurator der Ausstellung, auf Małgorzata Mirga-Tas und ihre Werke bei der Vedenig-Biennale 2022: „Sie hatte den polnischen Pavillon mit ihrem zwölfteiligen Zyklus ‚Re-Enchantng the World‘ gestaltet", bericht Beitin. Die Intensität und Wirkungskraft ihrer Werke habe ihn direkt in ihren Bann geschlagen. „Daher freut es mich auch ganz besonders, dass wir neun dieser zwölf Werke auch in unserer Ausstellung zeigen können“, betont Beitin. Małgorzata Mirga-Tas sei übrigens die erste Rom‘nja-Künstlerin gewesen, die einen nationalen Pavillon bespielte und hat mit ihrem Auftritt auf der bedeutendsten Kunstschau der Welt international für viel Furore gesorgt. So waren ihre Werke unter anderem auch auf der „Documenta 15“ im gleichen Jahr zu sehen sowie in vielen europäischen Museen, unter anderem in Krakau, Götevorg und Sevilla.
Małgorzata Mirga-Tas wurde 1978 im polnischen Zakopane geboren. Noch heute lebt sie mit ihrer erweiterten Familie im Süden Polens in Czarna Góra, in unmittelbarer Nähe des Tatra-Gebirges und der slowakischen Grenze.
Die Ausstellung „Eine alternative Geschichte” ist in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin entstanden und eine internationale Kooperation mit den Kunstmuseum Luzern sowie dem Henie Onstad Kunstsenter in Norwegen. Es werden auf einer Fläche von 800 Quadratmetern 28 Werke gezeigt, darunter großformatige Textilarbeiten und ein Video. Die Ausstellung ist bis zum 15. März im Kunstmuseum Wolfsburg zu besichtigen.