Zwei neue Ausstellungen
im Kunstverein Wolfsburg
Die Austellungen „etwas wagen“ und „alles neu“ zeigen Mut, Risiko und gesellschaftliche Veränderungen

Sie sind teil der neuen Ausstellung "etwas wagen" (v. l.): Frenzy Höhne, Kurator Justin Hoffmann, Klara Hobza, Rita Werneyer (Volkswagen Group), Emil Wesemann und Pia vom Ende.Foto: Chiara Kaymaz
Wolfsburg. Der Kunstverein Wolfsburg eröffnete in der vergangenen Woche gleich zwei neue Ausstellungen: „etwas wagen“ im Hauptraum und „alles neu“ nebenan im Raum der Freunde. Die Ausstellung „etwas wagen“ ist Teil des Jahresprogramms „Abenteuer“ und thematisiert das Wagnis auf mehreren Ebenen: psychologisch, gesellschaftlich und ästhetisch. Vier Künstlerinnen und Künstler - Klara Hobza, Frenzy Höhne, Pia vom Ende und Emili Wesemann - zeigen ihre Auffassung davon.

In „etwas wagen“ geht es um den Mut und das Risiko, erklärt Justin Hoffmann, der Kurator der Ausstellung: „In dieser Ausstellung geht es darum, etwas zu wagen im Sinne, dass man vielleicht an die Grenzen des Geschmacks geht oder mit dem vermeintlich hässlichen oder obskuren umgeht. Aber auch in Ausstellungsbeiträgen, wo es darum geht, kann dieses Projekt überhaupt, funktioniert das? Es ist sozusagen ein Wagnis, ob das überhaupt abläuft.“

Die Künstlerin Frenzy Höhne präsentiert mit „Akzente setzen“ eine Installation, die auf einer mittelalterlichen Lebensweisheit beruht: „Der Spruch: ‚Demut macht Frieden. Frieden bringt Handel. Handel bringt Reichtum. Reichtum macht Hochmut. Hochmut bringt Streit. Streit bringt Krieg. Krieg bringt Armut. Und Armut bringt wieder Demut‘, hat mich einfach total interessiert, weil er fast wie so ein Naturgesetz erscheint, dem wir zwanghaft unterworfen sind", so Frenzy.

Daraufhin habe sie sich gefragt, ob das wirklich so sei. Die Schlagwörter sind auf jeweils acht Terracottavasen geklebt. Wöchentlich liefert eine Blumenhandlung einen neuen Strauß, über dessen Platzierung das Publikum abstimmt. Das Besondere: Die Vasen enthalten kein Wasser, die Blumen verwelken sichtbar. „Über die zehnwöchige Laufzeit, wird sich hier ein Bild darstellen, an dem wir ablesen können, wie die Entwicklung und Reihenfolge der Publikumswertung war“, erklärt Höhne. Es wird somit ein Prozess sichtbar, der das Publikum direkt mit dem Kreislauf aus Wandel, Stillstand und Konsequenzen konfrontiert.

Pia vom Ende befasst sich mit der Ästhetik der Verirrung im Internet. Dazu hat sie Malereien angefertigt, die Tabs beim Surfen im Internet darstellen: „Wenn man im Internet unterwegs ist und eine Information oder eine Wahrheit sucht, hat man am Ende oft 50 Pop-up-Fenster und am Ende noch ein Virus offen“, beschreibt sie ihre Arbeit. Dabei sei Google heutzutage der „allwissende Gott“, der ungefiltert Informationen bietet. „Google spielt manchmal eine Menge Müll aus, wie Desinformationen oder Verschwörungstheorien. Diese Abgründe habe ich auf die Leinwand gebracht“, erklärt sie.

Die Rauminstallation „Angst vor deutschen Kleinstädten“ von Emil Wesemann, befasst sich mit dem Einnehmen von Räumen: „Es geht darum, wie sich gewisse ästhetische Elemente gestalten und was sie eigentlich über die Funktionen hinaus erzählen, welche Rückschlüsse lässt es auf die Menschen, die da leben zu. Oder ist das eine Illusion, weil wir mit einem gewissen ästhetischen Verständnis durch die Welt gehen und aufgrund von dem, wie wir das wahrnehmen, Zuschreibung machen“, erklärt Wesemann, den Gedanken hinter seinen Werken.

Klara Hobza befasst sich in ihrer Videoinstallation unter anderem mit Flüssen, um dadurch wieder einen Zugang zu ihrer Heimat zu finden. Dazu hat sie sich vorgenommen, die Flüsse Europas zu durchtauchen, trainiert wurde sie von einem Militärtaucher aus Istanbul, der ihr unter anderem auch beibrachte, eine Banane unter Wasser zu essen, das wurde auch per Video festgehalten. Zudem hat sie eine große Studie von Flussbewegungen festgehalten, darunter auch von der Aller in Wolfsburg.

Alle Kunstwerke sind bis einschließlich 8. Februar 2026 zu sehen, der Eintritt ist dabei kostenlos. Die Ausstellung wird unterstützt von der Volkswagen Group, VR-Stiftung, Volksbank Brawo, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur sowie der Stadt Wolfsburg.

Mit „alles neu“ eröffnet der Kunstverein Malereien, Collagen und Texte zur Reaktion auf Themen wie Klimawandel, Rechtsruck und Krieg. Hintergrund war ein Open Call des Kunstvermittlungsteams „Lokale Liason“, das sich an junge Wolfsburger im Alter von 13 bis 21 Jahren richtete. Das betrachtende Publikum kann für die ausgestellten Werke voten. Am 8. Februar 2026, dem letzten Tag der Ausstellung, wird das Votum ausgewertet und ein Publikumspreis verliehen. Auch hier ist der Eintritt kostenlos.

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