Rückblick: Nadine und Jasmin Bosch hatten zusammen mit ihrem Vater Thomas Bosch auf die Situation vor der Hellwinkelschule aufmerksam machen wollen, um eine Verbesserung für die Schüler herbeizuführen. Elterntaxis würden zum Teil in der Kurve parken und für Unübersichtlichkeit sorgen, Autofahrer hielten sich nicht an das Tempo-30-Limit und seien zudem teilweise durch Handys am Steuer abgelenkt, lauteten die Vorwürfe. Sie forderten mehr Eigenständigkeit der Schüler ein, appellierten zusammen mit Nina van der Wall, Kontaktbeamtin der Polizei Wolfsburg, an die Vernunft der Eltern.
Klaus Seiffert (82) ist seit rund 45 Jahren in der Verkehrswacht tätig, übt mit Kindern seit Jahrzehnten stadtweit den sicheren Schulweg und ist vom Verhalten vieler Eltern „massiv enttäuscht“. Er verweist im Gespräch mit der Redaktion auf die Schulwegpläne. Auf diesen Karten sei der sichere Weg zur Schule grün markiert. „Eltern können den Weg mit ihren Kindern üben“, schlägt er vor. Die Pläne gibt es auf der Homepage der Stadt Wolfsburg und sie würden auch in Schulen ausgehändigt.Doch seine Erfahrung ist eine andere: Ende April stellte er sich vor Unetrrichtsbeginn mit Klemmbrett und Stift vor die Hellwinkelschule und führte eine Strichliste. Zunächst das Positive: Er zählte 93 Schulkinder, die ohne Elterntaxi zur Hellwinkelschule kamen. 106 Fahrzeuge, Elterntaxis, zählte er ebenfalls. Die Eltern parkten aber teilweise auf Einfahrten (18), auf dem Zebrastreifen (17), in der zweiten Reihe (16) oder auf dem Gehweg (22).
Auch beim Aussteigen machten die Erwachsenen Fehler: 38 ließen den Nachwuchs auf der Fahrbahnseite aussteigen. Weitere Risiken seien durch Wenden (38) und Rückwärtsfahren (29) entstanden. In Summe habe die Statistik der empirischen Erhebung ergeben, dass das Verhalten der Eltern als „Mangelhaft“ einzustufen sei.
Seiffert kann nicht nur von der Stichprobe im April berichten, auch im August 2025 stand er vor der Hellwinkelschule. Seine Beobachtungen bestätigen, was die Familie Bosch der Redaktion Ende November berichtet hatte: Von 135 gezählten Autos seien 28 schneller als die erlaubten 30 Kilometer pro Stunde gefahren (31-40 km/h) und vier Fahrzeuge seien mit 41 bis 57 Kilometern pro Stunde gemessen worden.
Seiffert beobachtete, wie Autos in der Kurve Schreberstraße/Dahlienweg parkten, ohne Sicherheitsgurt unterwegs waren und drei Eltern während der Fahrt mit dem Handy telefonierten. Er dokumentierte Fehlverhalten und fotografierte Autos in der Feuerwehreinfahrt. „Ich wurde aufs Übelste beschimpft“, erzählt Seiffert. Drei Frauen hätten gesagt, sie würden die Polizei rufen und beriefen sich bezüglich der Fotos auf den Datenschutz. „Ich bekam zu hören: ,Was willst du alter Knacker denn? Bleib mit deinem Arsch zu Hause!‘“.
Ist man da noch motiviert, Verkehrserziehung an den Schulen zu leisten? „Ich frage mich schon, ob sich das noch lohnt“, sagt Seiffert und fügt hinzu: „Als Verkehrswacht stellt sich uns die Frage, ob es noch Sinn macht, unsere ehrenamtliche Tätigkeit in den Schulen anzubieten.“
Denn: Während die Verkehrswacht unzählige Jahre den sicheren Schulweg zusammen mit der Polizei und Schülern übe, verhielten sich die Eltern zum Teil konträr: „Sie torpedieren unsere ehrenamtliche Arbeit“, ärgert sich Seiffert. Die Kinder wüssten eigentlich, dass sie den Zebrastreifen benutzen sollen, um über die Schreberstraße zur Hellwinkelschule zu gelangen. Im August zählte Seiffert 19 Eltern, die mit ihren Kindern die Straße aber anderer Stelle überquerten.
„Das Schilmme ist, dass diese Eltern ihren Kindern dadurch falsches Verhalten beibringen“, sagt Klaus Seiffert. Er hatte sich nicht nur die Mühe gemacht die Verkehrssituation an der Hellwinkelschule zu dokumentieren. Auch an anderen Schulstandorten gebe es falsches Verhalten der Eltern.
Letztendlich erreichten Eltern durch solches Verhalten das Gegenteil, so Seiffert. Sie wollten zwar ursprünglich ihre Kinder schützen, gefährdeten sie aber, weil sie falsches Verhalten vorlebten und sich nicht an die Verkehrsregeln hielten. „Ich würde mir wünschen, dass sich Elternvertretungen in den Schulen dies vermehrt zum Thema machen, um diese Missstände vor den Schulen abzustellen“.