Einer, der sich mit Rummel auskennt, ist Mike Vespermann. Der 27-Jährige hat den beliebten Breakdancer auf den Peiner Schützenplatz gebracht, den er und seine fünf Helfer mithilfe eines Krans aufbauen. Allein der Laster mit der Drehscheibe kommt auf ein Gewicht von 30 Tonnen.
Der immer wieder einsetzende Regen stört ihn und seine Helfer nicht. „Es ist unproblematisch im Regen aufzubauen, auch wenn es ohne für uns natürlich schöner ist“, sagt Vespermann und lacht. Fünf Tage hat die Mannschaft, die aus Bremen angereist ist, Zeit, um das Fahrgeschäft zusammenzubauen, zu kontrollieren und gegebenenfalls noch nachzujustieren. „Es geht auch schneller, zur Not auch an einem Tag, dann aber mit mehr Personal. Optimal sind drei Tage“, so der Schausteller.
Seit 1987 ist die Familie schon mit dem Breakdancer beim Peiner Freischießen dabei. Vespermann ist Schausteller in siebter Generation. „Ursprünglich waren meine Vorfahren mit Pferdekarussell und Schießbude auf Jahrmärkten unterwegs“, erzählt der 27-Jährige. Denn ins Schaustellerdasein – das hört man an diesem Tag noch oft – werde man hineingeboren. „Ich habe das als Kind von meinen Eltern mitbekommen und bin praktisch auf dem Kirmesplatz groß geworden.“
So war es für ihn nach dem Fachabitur und einer Ausbildung zum Metallbauer auch keine große Frage, ebenfalls ins Schausteller-Gewerbe einzusteigen. Auch sein Bruder entschied sich dafür – er weilt derzeit mit den Eltern und dem großen Breakdancer beim Schützenfest in Goslar. Warum die Familie seit so vielen Jahren der Fuhsestadt die Treue halte? Für Vespermann eine klare Sache: „Erstmal ist es eine gute Veranstaltung mit einem eigenen Flair, und dann sind da die netten Leute und Kollegen, die man wiedersieht.“
Weil es „so schön ist“, kommt auch Jens Müller vom Bremer Eispalast seit 1988 Jahr für Jahr mit seinem Eiswagen zum Peiner Freischießen. „Peine ist ein fester Bestandteil auf meiner Reiseroute, und mein Eis ist hier bekannt“, sagt er. Dazu gehört auf jeden Fall das Peiner Freischießen-Eis in den Farben Rot und Grün. Wobei Rot Erdbeer-, Kirsch oder – ganz neu – Joghurt-Himbeer-Eis sein kann, und Grün auf jeden Fall Waldmeister. Dazu kommt weiße Sahne und oben drauf Streusel in Rot und Grün. Müller hat sich besonders mit dem Waldmeister-Eis gut bevorratet. Und das aus gutem Grund. „So viel wie hier wird das ganze Jahr kein Waldmeister gegessen, die Peiner lieben Waldmeister-Eis“, ist seine Beobachtung.
Die Kreationen beruhen auf alten Familienrezepten, auch Müller ist schon in der fünften Generation im Schaustellergewerbe unterwegs. „Meine Urgroßmutter machte schon Eis, mein Vater hatte noch alte Rezepte von ihr“, schildert er. Gemeinsam mit seiner Frau hat er sich den Eiswagen gekauft, ebenfalls von einer alteingesessenen Schaustellerfamilie und „kann sich seither nichts anderes mehr vorstellen“. Sein Sohn bietet einige Buden weiter Schokoladenfrüchte an. „Alle meine drei Kinder waren in Bremen auf einer Privatschule, damit ihnen auch ein anderer Weg offensteht“, erzählt er. Doch alle seien in seine Fußstapfen getreten.
Immer an der frischen Luft zu sein, das schätzt Müller an seinem Beruf besonders. Für das Freischießen wünscht er sich Temperaturen um die 22 bis 25 Grad und Sonne. „Es darf nicht zu heiß sein, aber auch Regen wäre schlecht.“ Denn beides lasse den Eiskonsum schrumpfen, allerdings zeigten sich die Peiner insgesamt eher wenig wetterempfindlich.
Bereits am 29. Juni auf dem Peiner Festplatz angekommen ist Lea Friedt. Mit ihrer Familie zusammen betreibt sie den Schinderhannes, an dem es Schweinenackensteaks gibt – inklusive Ausschank und Biergarten – sowie den Fischwagen Wiehemeier. Rund 20 Personen waren in den zurückliegenden Tagen mit dem Aufbau des Schinderhannes beschäftigt. „In der Corona-Zeit waren die Bürgerschaffer bei uns in Lemgo und hatten gefragt, ob wir hier aufbauen wollten“, erzählt Friedt. Und die Familie wollte.
Seit drei Jahren ist nun der Schinderhannes auf dem Festplatz zu Gast, der Fischwagen „seit ich denken kann“, sagt die 25-Jährige, die nach einer Ausbildung bei einer Steuerberatung nun ebenfalls ihre Zukunft als Schaustellerin sieht. Schließlich wurde ihr die Schaustellerei gewissermaßen in die Wiege gelegt. Auch ihre Eltern hätten mit dem Fischwagen mütterlicherseits und dem Schinderhannes väterlicherseits darüber zusammengefunden. Und für Lea Friedt steht fest: „Fünf Jahre im Büro reichen. Das hier ist nicht nur ein Beruf, das ist ein Lebensgefühl.“