Er sei in einer schwierigen Lebenslage gewesen, schilderte der Angeklagte vor Gericht. Selbstständiger Bauunternehmer mit zwei Mitarbeitern sei er früher gewesen. Doch widrige Umstände hätten ihn aus der Bahn geworfen. Die Rede war von gesundheitlichen Problemen körperlicher und psychischer Natur, Außenstände von früheren Kunden in Höhe von rund 30.000 Euro sowie Drohungen, Stalking bis hin zu körperlicher Gewalt von Leuten, mit denen er früher geschäftlich zu tun gehabt habe. Aufgrund der widrigen Umstände habe es ihn im Herbst 2021 nach Peine verschlagen, wo er einen Antrag auf Sozialleistungen gestellt habe. Diese wurden ihm auch bewilligt.
Zu diesem Zeitpunkt war der Bezug von Leistungen des Landkreises Peine auch rechtmäßig. Das änderte sich mit Umzug des Angeklagten im November jenes Jahres nach Schwülper im Landkreis Gifhorn. Damit ist die Zuständigkeit der Peiner Behörde geendet, der ein Wohnortwechsel sofort hätte angezeigt werden müssen. Dies wurde versäumt, was man noch als Versehen werten könnte. Anders ist das folgende Verhalten einzuschätzen, denn zum Jahreswechsel musste ein neuer Antrag gestellt werden. Dies tat der Beschuldigte nun nicht etwa in Gifhorn, sondern wiederum in Peine. Dabei gab er explizit an, dass er seine Wohnanschrift nicht geändert habe. Das werteten Richter und Staatsanwaltschaft als Vorsatz. Dadurch bezog der Angeklagte über einen Zeitraum von insgesamt fast einem Jahr zu Unrecht Leistungen vom Landkreis Peine. Diese summierten sich auf mehr als 10.000 Euro.
Herausgekommen war die ganze Sache durch eine turnusmäßige sogenannte Kreuzabfrage verschiedener Sozialversicherungsträger. Das erklärte eine Mitarbeiterin des Jobcenters in Peine, die als zuständige Sachbearbeiterin als Zeugin geladen war. Durch den Datenabgleich sei auch herausgekommen, dass der Beklagte zwischenzeitlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen und auch dies nicht wie vorgeschrieben gemeldet hatte. Der Aufforderung, die zu Unrecht bezogenen Leistungen zurückzuzahlen, sei er nicht in der vorgegebenen Frist nachgekommen. Der Angeklagte war in allen Punkten geständig. „Ich kriege das wieder hin“, versprach er. Zur Schadenswiedergutmachung hatte er 700 Euro in bar dabei und kündigte an, weitere 1.300 Euro in Kürze zahlen zu können.
„Mein Mandant hatte in dem betreffenden Zeitraum Anspruch auf Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch und diese auch dringend nötig. In Gifhorn hat er keinen Antrag gestellt und also auch nicht doppelt kassiert“, machte die Verteidigerin deutlich. Zudem plädierte sie für den ersten Zeitraum auf Betrug durch Unterlassung, der weniger schwer wiege als solcher mit Vorsatz. Und sie wies auf die günstige Sozialprognose hin, denn der Angeklagte habe – allerdings abhängig vom Prozessausgang – einen Job in Aussicht.
Die Staatsanwaltschaft hingegen machte deutlich, dass der Angeklagte bereits mehrfach einschlägig vorbestraft ist und der Vorfall in eine laufende Bewährungszeit gefallen sei. Gefordert wurde eine Haftstrafe von insgesamt sechs Monaten mit einer Bewährungsfrist von drei Jahren, zudem eine Arbeitsauflage von 40 Stunden, ein Bewährungshelfer und die vollständige Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen. Der Richter folgte im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, legte allerdings eine Bewährungsfrist von vier Jahren fest und verzichtete auf eine Arbeitsauflage, um dem Angeklagten ausreichend Zeit für seinen neuen Job zu ermöglichen. Der Angeklagte nimmt das Urteil an, er trägt die Kosten des Verfahrens.