Institut: „Im Kreis Peine müssen 710 Wohnungen pro Jahr gebaut werden“
Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt - Bessere Rahmenbedingungen auf Landes- und Bundesebene gefordert

Im Kreis Peine müssten laut Pestel-Institut jährlich 710 Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken.FOTO: pixabay
Kreis Peine. Bis 2028 werden im Landkreis Peine rund 710 neue Wohnungen benötigt – und zwar pro Jahr. Diese Wohnungsbau-Prognose für die kommenden vier Jahre hat das Pestel-Institut aus Hannover in einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt ermittelt. „Der Neubau ist notwendig, um das bestehende Defizit abzubauen. Immerhin fehlen im Kreis Peine aktuell rund 740 Wohnungen. Aber auch, um abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen. Hier geht es insbesondere um Nachkriegsbauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohnt“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Der Wissenschaftler erwartet allerdings, dass das Baupensum zurückgeht: Günther spricht von einem „lahmenden Wohnungsneubau, dem mehr und mehr die Luft ausgeht“. So habe es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres im ganzen Landkreis Peine lediglich für 176 neue Wohnungen eine Baugenehmigung gegeben.

Zum Vergleich: 2023 waren es im gleichen Zeitraum immerhin 199 Baugenehmigungen. „Damit ist die Bereitschaft, im Kreis Peine neuen Wohnraum zu schaffen, innerhalb von nur einem Jahr um zwölf Prozent zurückgegangen“, sagt der Experte. An dem Wohnungsbedarf ändere auch die Zahl leerstehender Wohnungen nichts: Der aktuelle Zensus registriere für den Landkreis immerhin rund 2.820 Wohnungen, die nicht genutzt werden. Das seien 4,3 Prozent vom gesamten Wohnungsbestand im Landkreis. Ein Großteil davon – rund 1.550 Wohnungen – stehe jedoch schon seit einem Jahr oder länger leer. „Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett – also aufwendig und damit teuer – saniert werden“, sagt Günther.

Grundsätzlich sei ein gewisser Wohnungsleerstand aber immer auch notwendig. „Rund drei Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein. Schon allein, um einen Puffer zu haben, damit Umzüge reibungslos laufen können. Und natürlich, um Sanierungen überhaupt machen zu können. Aber es wird nur selten gelingen, Wohnungen, die lange leer stehen, wieder zu aktivieren und an den Markt zu bringen“, meint Günther. Denn viele Hauseigentümer hielten sich mit einer Sanierung zurück: „In ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen. Es fehlt einfach die politische Verlässlichkeit. Ein Hin und Her wie beim Heizungsgesetz darf es nicht mehr geben“, kritisiert der Leiter des Pestel-Instituts. Dieses hat die Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) durchgeführt.

Die Beschreibung des bundesweiten Rückgangs im Wohnungsbau sei leider zutreffend, bestätigt Moritz Becker, stellvertretender Sprecher der Peiner Stadtverwaltung. Daher werde die Zielsetzung, Wohnungsbau günstiger zu gestalten und zu beschleunigen, zu Recht auf breiter Front gefordert. „Jedoch werden die denkbaren Rezepte und bisherigen Maßnahmen dafür frühestens mittelfristig Wirkung zeigen. Diese Bewertung muss man zur Kenntnis nehmen und sollte sie auch nicht kleinreden“, sagt Becker.

Er weist zudem darauf hin, dass der vom Pestel-Institut genannte Wohnungsbedarf für die kreisangehörigen Gemeinden jeweils separat zu bewerten sei. „Für die Stadt Peine ist zu sagen, dass wir über die Jahre hinweg den Wohnungsbau auf möglichst allen Ebenen unterstützen und die Rahmenbedingungen für Investitionen in die unterschiedlichsten Wohnformen möglichst günstig gestalten, etwa durch Bebauungspläne sowohl für Geschosswohnungsbau als auch für Ein- und Zweifamilienhäuser. Natürlich handelt es sich dabei nicht allein um preiswerten Wohnraum, aber die kontinuierliche Entstehung von neuen Wohnungen schafft auch Entlastungen in anderen Wohnsegmenten.“ Neben der Förderung verschiedener Formen des privaten Wohnungsbaus und der Sanierung privater Altbauwohnungen habe die Stadt mit der eigenen Wohnungsbaugesellschaft Peiner Heimstätte „einen wichtigen Akteur, der für bezahlbaren Wohnraum sorgt“, sagt Becker. Dies betreffe sowohl den Bestand als auch Neubauten in jüngerer Vergangenheit, etwa am Rosengarten, am Knappenstieg in Telgte und an der Zehnerstraße. Unterstützt werde dieses Segment unter anderem auch durch die Wohnbau Salzgitter, die ebenfalls einen erheblichen Bestand an günstigen Mietwohnungen in Peine vorhalte.

Andere aktuelle Wohnungsbau-Beispiele in Peine seien die Baugebiete an der Simonstiftung und in Woltorf. 107 geförderte Neubauwohnungen seien jüngst am Carl-von-Ossietzky-Platz entstanden, 174 frei finanzierte Wohnungen würden an der Theodor-Heuß-Straße entstehen, und im Lindenquartier seien mehr als 60 neue Wohnungen neu am Markt. Darüber hinaus gebe es mehrere private Investitionsvorhaben. Man nutze im städtischen Rahmen die gegebenen Möglichkeiten, sagt Becker. „Wir alle brauchen allerdings auf Bundes- und Landesebene verbesserte politische und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, ohne die wir beim Thema Wohnen nicht die in Berlin und Hannover formulierten gutgemeinten Ziele erreichen können.“

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