„Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass Lichterfahrten im öffentlichen Raum nicht erlaubt sind. Nach der aktuellen Rechtslage führt das Anbringen von zusätzlichen Beleuchtungsquellen zum Erlöschen der Betriebserlaubnis. Damit besteht kein Versicherungsschutz mehr für die Fahrzeuge und sie dürfen im öffentlichen Verkehrsraum nicht bewegt werden“, erläutert der Sprecher des Landkreises Peine, Fabian Laaß, die Einschätzung des Landkreises.
Die Lichterfahrten sind mit Beginn der Coronazeit 2020 entstanden und inzwischen vielerorts zu einem festen und geschätzten Bestandteil des Veranstaltungskalenders geworden. Nicht so bei uns: Es gab zwar 2020 in einige Orten solche Weihnachtstrecker-Konvois, die viel Zuspruch aus der Bevölkerung bekamen. „Genehmigte Lichterfahrten haben aber im Landkreis Peine bislang nicht stattgefunden. Für dieses Jahr liegen bislang keine Anträge vor“, sagt Laaß.
Im Folgejahr wurden einige dieser Veranstaltungen mangels Genehmigung wieder abgesagt, die Enttäuschung war groß. In Schmedenstedt und Blumenhagen ließen die Organisatoren sich allerdings nicht davon abhalten. In Wendeburg hat 2021 statt einer Lichterfahrt ein Demo-Konvoi stattgefunden. Seither sind der PAZ keine Lichterfahrten im Landkreis Peine mehr bekannt geworden.
Nun sorgt allerdings ausgerechnet das niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft und Verkehr für Verwirrung: Am 11. November gab es ein Schreiben an die Genehmigungsbehörden, durch das sich der Landkreis Peine in seiner Rechtsauffassung zu diesem Thema bestätigt sieht. „Nach hiesiger Auffassung kommen Ausnahmegenehmigungen gemäß Paragraf 70 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) für die jeweils einzelnen Fahrzeuge aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher möglicher Beleuchtungsvarianten sowie deren verkehrliche Auswirkungen nicht in Betracht“, heißt es darin in schönstem Behördendeutsch.
Weiter heißt es sinngemäß, dass Lichterfahrten nicht ohne Weiteres durchgeführt werden können, sondern nur nach einem umfangreichen Genehmigungsverfahren.
Offenbar hat dieses Schreiben für Irritation über eine vermeintliche neue Genehmigungspraxis gesorgt. Allerdings stellt das Ministerium darin ausdrücklich klar, dass sich an der bisherigen Sach- und Rechtslage gegenüber den Vorjahren nichts geändert hat.
Diese Verwirrung greift das Ministerium in einer aktuellen Pressemitteilung auf: „Lichterfahrten gehören mittlerweile zu Niedersachsen und stehen gerade in der Adventzeit als Zeichen des Zusammenhalts von Gesellschaft und der Gemeinschaft vor Ort. Die Landesregierung unterstützt diese Lichterfahrten ausdrücklich“, heißt es darin.
Lichterfahrten seien wie gehabt nach Paragraf 29 der Straßenverkehrsordnung (StVO) unverändert erlaubnisfähig. Sie können weiterhin durchgeführt werden wie in der Vergangenheit auch. Es müssen aber mit Blick auf die Verkehrssicherheit unverändert bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, heißt es vom Ministerium. Antworten auf viele Fragen gibt es auf dessen Homepage.
Die Gruppe CDU/FDP im Kreistag Peine greift das Thema in einer Anfrage an den Peiner Landrat Henning Heiß auf. „Die öffentliche Meinung zeigt, dass sich etliche Bürgerinnen und Bürger für die Lichterfahrten aussprechen, da diese gemeinsames Beisammensein und vorweihnachtliche Stimmung in den Ortschaften – gerade auch bei den jüngeren Anwohnern - verbreiten“, heißt es, verbunden mit der Frage, wie sich der Landkreis weiter dazu verhalten wird.
„Wir sind sehr überrascht über diese Pressemitteilung“, sagt Laaß auf Nachfrage. Der zuständige Minister Olaf Lies könne aber gesetzliche Regelungen nicht mit einer Pressemitteilung außer Kraft setzen, deshalb bleibe man seitens des Landkreises bei der bisherigen Einschätzung.
Nach Kenntnis des Gadenstedter Landwirts Christian Wohlenberg gab es bislang im Peiner Land keine Überlegungen, in diesem Jahr Lichterfahrten durchzuführen. „Es bestand in der Vergangenheit immer Interesse daran, aber da sie bei uns bislang versagt wurden und auch keine Möglichkeit für eine Einigung erkennbar war, gibt es keine entsprechenden Strukturen“, sagt er.
Wohlenberg ist eines von drei Vorstandsmitgliedern aus dem Kreis Peine im Niedersächsischen Landvolk Braunschweiger Land. Am kommenden Dienstag sei eine Vorstandssitzung angedacht, bei der das Thema besprochen werden solle. In vielen Kommunen im Gebiet Verbandsgebiet seien Lichterfahrten seit einigen Jahren üblich.
Auch wenn der Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers die hohen Hürden und die Auflagen für die Veranstalter für „teilweise völlig unsinnig“ hält und das klare Bekenntnis des Ministers zu den Lichterfahrten begrüßt: Klarheit hat das Vorgehen von Lies offenbar nicht geschaffen - ganz im Gegenteil.