„Eine Schule für alle Kinder“ – so könnte man die Idee hinter dem sperrigen Wort Inklusion beschreiben. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigte der Leiter der Peiner Grund- und Hauptschule Burgschule Jan-Philipp Schöneich den Mitgliedern des Inklusionsausschusses des Landeselternrats. Der Kontakt kam über Ausschuss-Mitglied Astrid Hauschke zustande, deren Kind an der Burgschule unterrichtet wird, und die begeistert ist von dem Weg, den man dort geht.
„Ich kann Impulse geben und zeigen, wie wir die Herausforderungen angehen. Aber letztlich ist jede Schule in ihrer personellen Struktur und räumlichen Situation anders und muss ihren eigenen Weg suchen“, machte Schöneich gleich eingangs deutlich und betont zudem, dass körperliche Einschränkungen nur ein kleiner Teil der Gründe für besonderen Bedarf sind.
Leichter als anderswo ist es an der Burgschule sicher nicht: Das Gebäude ist 120 Jahre alt und bietet keine idealen Voraussetzungen, die Schülerschaft ist bunt gemischt. Doch ein Rundgang durch das Schulgebäude liefert viele Ideen, die sich relativ leicht auch andernorts umsetzen lassen. Allerdings kosten sie Geld, und das ist an Schulen eigentlich immer knapp. „Ich verbringe viel Zeit damit, Finanzierungsmöglichkeiten auszuloten und aufzutun“, räumt Schöneich ein. Stiftungen und Fördertöpfe seien die häufigsten Quellen.
Ein großes Problem sei der Zeitraum, bis solche Anträge bewilligt werden. „Oft ist es aber so, dass wir sehr schnell Unterstützung brauchen. Wenn diese erst nach drei Jahren kommt, ist das betreffende Kind möglicherweise schon gar nicht mehr an unserer Schule“, gibt der Schulleiter zu bedenken.
Und dann zeigt er konkrete Beispiele. „Einem Kind, das partout nicht stillsitzen kann, hilft es oft, wenn es im Unterricht stehen darf. Um das möglich zu machen, haben wir Pulte angeschafft, die sich einfach auf die normalen Tische stellen lassen“, erläutert der Schulleiter.
Sich zu konzentrieren, wenn die Umgebung von einer gewissen Geräuschkulisse geprägt ist, fällt vielen Kindern schwer. Auch hier gibt es ein verblüffend einfaches Mittel, um Abhilfe zu schaffen: Ganz normale Gehörschutz-Kopfhörer, von denen die Schule über eine gewisse Anzahl verfügt.
Ein Klassenzimmer, in das die Gruppe geführt wird, wirkt auf den ersten Blick wie alle anderen. Doch der Unterschied wird drinnen schnell deutlich: Durch eine besondere Ausstattung ist der Geräuschpegel deutlich niedriger. Das hilft Kindern, die Einschränkungen beim Hören haben, ist aber auch für alle anderen und die Lehrkraft eine Wohltat. „Leider ist es deutlich teurer, einen Raum auf diese Weise auszustatten, deshalb ist es flächendeckend nicht möglich“, bedauert Schöneich. Seine Schule verfügt über drei dieser Klassenzimmer.
In einem anderen Klassenraum steht auf einem der Tische eine eindrucksvolle High-Tech-Apparatur. „Hier sitzt ein Kind, das nicht gut sehen kann. Mittels der modernen Technik werden die Inhalte der Schulbücher oder auch das Tafelbild erkennbar gemacht“, erklärt Schöneich. Solche Hilfsmittel stehen gezielt diesem Kind zur Verfügung, werden in der Regel über die Krankenkasse finanziert und bei einem Schulwechsel mitgenommen.Eine kleinere Treppe ist bereits mit einem Lift ausgestattet, um die Pausenhalle auch für Kinder mit Körperbehinderung erreichbar zu machen. Nach mehreren Jahren Wartezeit soll zudem in den Osterferien endlich ein Aufzug eingebaut werden. „Wir haben mehrere Schüler, für die bislang die Fachräume im oberen Stockwerk nicht erreichbar sind“, macht der Schulleiter diese Notwendigkeit deutlich.
Besonders stolz ist er auf den „Snoozelen-Raum“, in dem in entspannender Atmosphäre bei sanften Musikklängen und Lichteffekten die Möglichkeit geboten wird, zu entspannen. „Wir beobachten immer wieder, dass Kinder enorm gestärkt aus diesem Raum kommen“, sagt Schöneich.
Herausforderungen anderer Art sind spezielle Anforderungen, wie sie zum Beispiel im Umgang mit Autisten auftreten. Diese haben Schwierigkeiten im sozialen Miteinander und in der eigenen Ausdrucksfähigkeit, brauchen klare Strukturen und Rückzugsmöglichkeiten.
Andere Kinder können dem Unterricht nur eingeschränkt folgen, etwa weil sie in ihrer geistigen Entwicklung nicht auf dem Stand der Mitschüler sind. „Sie bekommen spezielles Material. Das wird von den Mitschülern problemlos akzeptiert. Den Schulalltag bis hin zu Klassenfahrten erleben dann aber alle gemeinsam. Das sind unschätzbar wertvolle Erfahrungen für alle Seiten“, ist Katja Kaiser überzeugt.
Sie ist eine von fünf Förderschullehrerinnen, die fest an der Burgschule sind. „Wir haben das große Glück, dass wir alle Fachbedarfe abdecken und uns deshalb super ergänzen. Das hat sich zufällig so ergeben, ist aber ein Riesenvorteil“, sagen die Frauen.