Fast vier Monate nach Prozessbeginn äußerte sich der angeklagte Bauunternehmer zum ersten Mal zu den Vorwürfen. Gleich zu Beginn entschuldigte er sich bei der Opferfamilie. Es würde ihm unfassbar leid tun, was passiert ist. Mittlerweile sehe er sein Verhalten kritisch. Er habe nicht gewollt, dass seine Mieterin oder ihrem Sohn etwas zustößt. „Ich bin heilfroh, dass niemand zu Schaden gekommen ist“, sagt der 36-Jährige vor Gericht. Menschenleben sei ihm nicht egal, fügte er hinzu.
Aus seiner Schilderung hat sich Folgendes zugetragen: Er habe Ende 2023 einem Mohammed aus Peine 15.000 Euro geliehen, die dieser nicht zurückzahlen wollte. Über Mohammed sei er mit einem gewissen Taliban aus Berlin in Kontakt geraten, mit dem es Streit über den Verkauf mehrerer Autos gab. Taliban habe ihn massiv unter Druck gesetzt und sogar seine Familie bedroht. In Sorge habe der Unternehmer über einen Bekannten Kontakt zum 27-jährigen Mitangeklagten gesucht, einem Mann aus der hannoverschen Türsteherszene.
Seine Idee sei es gewesen, von diesem Kontakt seine Familie schützen zu lassen und perspektivisch eine Lösung für die Schäferstraße zu finden, so der Bauunternehmer. Dort hatte er ein Neubauprojekt geplant, für das das vermietete Haus schwinden sollte.
Ein erstes Treffen mit dem 27-jährigen und dem 35-jährigen Mitangeklagten, einem Hells Angels Mitglied, habe es in einem Restaurant an einem See in Großburgwedel am 14. Februar 2024 gegeben. Bei einem zweiten Treffen sei auch der 38-jährige Mitangeklagte dabei gewesen.
Es ging darum, gegenüber seiner Mieterin eine „Klartext-Ansage“ zu machen. „Sie sollten Stress machen, Flagge zeigen und durch Druckaufbau sollte eine Lösung herbeigeführt werden“, sagte der 36-Jährige vor Gericht. Der 38-Jährige habe darauf achten wollen, dass niemand zu Schaden kommt. „Ich hatte den Eindruck, dass sie alles durch körperliche Präsenz erledigen können“, sagte der Bauunternehmer. Am 29. Februar 2024 erhielt der 38-Jährige dann 25.000 Euro für seine zukünftigen Dienste. „Ich sollte mich aus jeglicher Planung heraushalten“, so der Bauunternehmer.
Dass am 14. März 2024 März Molotow-Cocktails gegen die Doppelhaushälfte geschleudert wurden, davon will der 36-Jährige nichts gewusst haben. Komplett gegen die Vorgaben sei es gewesen, als am 9. Mai 2024 erneut Brandsätze gegen das Haus geworfen wurde. „Wenn ich das nur ansatzweise geahnt hätte, hätte ich das sofort unterbunden“, sagte der Bauunternehmer. Einem Sohn der 74-jährigen Mieterin platzte daraufhin der Kragen: „Du hättest das jederzeit beenden können!“, rief er aus dem Zuschauerraum und bekam sofort für den Zwischenruf eine Rüge des Vorsitzenden Richters Rainer de Lippe.
Offen bleibt, warum der Angeklagte seine Helfer nicht nach dem ersten Brandanschlag stoppte, wenn ihm Menschenleben so wichtig gewesen sei? In welcher Form die von ihm beauftragten Männer seine Familie beschützt haben, blieb auch unklar. Einen Punkt fügte einer seiner Verteidiger noch an die Aussage seines Mandanten hinzu. „Er hat niemals gesagt, dass das Haus leer steht und mit dem 51-jährigen Mitangeklagten keinen Kontakt“, sagte der Verteidiger.
Der 51-jährige und der 34-jährige Angeklagte werden beschuldigt, am 9. Mai 2024 Brandsätze gegen das Haus geworfen zu haben. Ein 34-jähriger Polizeihauptkommissar aus Salzgitter hatte Videos und Fotos von Überwachungskameras und Handys ausgewertete und sagte als Zeuge aus. Auf Fotos in den sozialen Medien hatte er den 51-Jährigen mit Kleidung einer Rockergruppierung aus Nordrhein-Westfalen erkannt. Auch der 34-Jährige zeigt sich auf Fotos in der Rockerszene.
Bei der Auswertung ihrer Handys konnte die Polizei nachvollziehen, wo die Männer am 8. und 9. Mai waren: Erst haben sie gegen 23.39 Uhr Selfies im Auto geschossen, vermutlich auf einem Autobahn-Parkplatz. Im Zwischenspeicher eines Handys fand die Polizei eine Suche auf Google-Streetview von der Schäferstraße und der Umgebung. Um 5.39 Uhr sind sie wieder auf der A2, das Ausfahrtschild Wunstorf-Kohlenfeld ist auf einem Foto gut zu lesen. Um 10.37 Uhr wird ein Screenshot von einer Meldung aus der Online Ausgabe der Peiner Allgemeinen Zeitung verschickt, in der über den Brand in der Schäferstraße berichtet wird. Der Prozess wird bei nächsten Termin mit Zeugenaussagen von weiteren Polizisten fortgesetzt.