Eine Frau zwischen Stahl
und Schwertransport
Julia Siemens-Pecher leitet die Logistiksteuerung bei den Peiner Trägern -Die 40-Jährige zeigt, wie moderne Güterströme im XXL-Format funktionieren

Julia Siemens-Pecher: Routine gibt es in ihrem Job kaum.Foto: Ralf Büchler
Peine. Julia Siemens-Pecher sorgt dafür, dass bei der Peiner Träger GmbH (PTG) alles in Bewegung bleibt. Die 40-Jährige leitet die Logistiksteuerung beim größten Arbeitgeber der Stadt und zeigt, wie spannend, vielfältig und anspruchsvoll ein Job im Stahlwerk sein kann – auch (und gerade) für Frauen.

Wenn Julia Siemens-Pecher morgens ihr Büro betritt, weiß sie selten, was ihr der Tag bringt. Nur eines ist sicher: Routine gibt es in ihrem Job nicht viel. Die 40-Jährige verantwortet die Logistiksteuerung und das sogenannte Supply-Chain-Management der PTG. Die Tochterfirma der Salzgitter AG hat rund 800 Beschäftigte. In einem Umfeld, das auf den ersten Blick eher nach Stahl und Männern aussieht, ist sie der lebende Beleg dafür, dass mittlerweile auch immer mehr Frauen in der Schwerindustrie Karriere machen und dabei mit Überblick, Fachwissen sowie Organisationstalent glänzen.

Schon früh entdeckte Julia Siemens-Pecher bei einem Schüleraustausch in Australien ihre Leidenschaft für Transport und Logistik. Dort schnupperte sie während eines Ferienjobs bei DB Schenker in die Luftfracht hinein. Zurück in Deutschland, folgte sie diesem Interesse konsequent: Ausbildung zur Speditionskauffrau, anschließend ein BWL-Studium mit Schwerpunkt Verkehr und Logistik. Seit September 2024 leitet sie bei PTG ein achtköpfiges Team, das den externen Verkehr zu Kunden ebenso koordiniert wie die interne Werkslogistik und das über alle Verkehrsträger hinweg: Lkw, Bahn und Binnenschiff.

„Wir koordinieren für alle fertigen Träger die Logistik nach außen und auch die Lagerung hier im Werk“, sagt sie. Eine logistische Meisterleistung, denn das Werk liegt mitten in Peine und bietet nur begrenzt Lagerplatz. „Unsere Verkehre müssen funktionieren. Wir sind abhängig von Schienen und Waggons, aber gefühlt merken wir auch jeden Stau auf der A2.“

Oft mehrmals täglich muss Siemens-Pecher mit ihrem Team gegensteuern, um die Abtransporte aufrechtzuerhalten und Liefertermine einzuhalten. Das bedeutet: genaue Planung schon während der Produktion und eine enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Produktionsplanung, den Stahl- und Walzwerken sowie mit dem Logistik-Team der Konzernschwester Deumu.

„Die Problemlösung beginnt bei uns in der Fabrikation. Wir steigen heute viel früher in die Supply-Chain ein.“ Denn der Anspruch der Kunden wächst: „Man produziert nicht einfach und hofft, dass es schon irgendwie beim Kunden ankommt. Alles ist viel enger getaktet.“

Im Walzwerk weiß Siemens-Pechers Team daher bereits, welcher Stahlträger wann und wohin geliefert wird. „Wir sortieren schon in den Walzstraßen nach Verladeplätzen. Ein Träger, der in den Hafen Peine soll, wird direkt vom Walzwerk zum Bahnverladeplatz gebracht, auf den Waggon geladen, in den Hafen transportiert und dort auf ein Schiff verladen.“

Auch die internen Wege liegen in der Verantwortung der 40-Jährigen. „Damit die Walzwerke laufen, muss die interne Versorgung stimmen und natürlich auch der Abfluss der fertigen Produkte.“

Dabei steht alles im Zeichen der Nachhaltigkeit: Die PTG ist im Kern ein Recyclingbetrieb. Aus 100 Prozent Stahlschrott entstehen neue Träger. Der Schrott stammt hauptsächlich aus Salzgitter – angeliefert von externen Lieferanten und aufbereitet durch die Deumu. Er wird in zwei Elektro-Lichtbogenöfen eingeschmolzen, anschließend legiert und zu Vormaterial gegossen, das dann in verschiedenen Abmessungen gewalzt wird. Auf Wunsch sogar als „Grüner Stahl“.

Rund 850.000 Tonnen Stahl verließ im vergangenen Jahr das Werk. Das sind rund 80.000 Tonnen im Monat und mehr als 100 Binnenschiffe im Jahr. Diese Mengen bewegen sich nicht von selbst und auch nicht nach Schema F. „Wir müssen Prozesse viel schneller umstellen, Konzepte laufend anpassen“, sagt Siemens-Pecher. Die Anforderungen kommen von allen Seiten: Kunden, Politik, Infrastruktur. „Wir müssen trotzdem immer pünktlich liefern. Deshalb stellen wir uns ständig selbst infrage. Auch, wenn es gerade gut läuft.“

In ihrem Alltag helfen ihr die digitalen Entwicklungen im Konzern: „Die Digitalisierung macht vieles einfacher. Schnelligkeit und Transparenz, das gibt es für unsere Anforderungen nicht von der Stange. Wir entwickeln das gemeinsam mit der IT-Gesellschaft der Konzernmutter Salzgitter AG.“ So entstehen passgenaue Systeme, die Planung und Reaktion in Einklang bringen.

Julia Siemens-Pecher liebt, was sie tut. Das merkt man sofort. „Ich freue mich immer, wenn ich auf der Autobahn einen Lkw mit unseren Trägern sehe. Es gibt keinen Tag wie den anderen. Wir haben ständig neue Aufgaben. Meist sind es Probleme, aber es macht Spaß, sie zu lösen.“ Der Mix aus Technik, Taktik und Teamgeist ist es, der sie begeistert: „Wir arbeiten mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammen, aber alle für dieselbe Sache.“ Und der tägliche Austausch – sowohl im Werk als auch im Konzern – sorgt dafür, dass man auf alles vorbereitet ist, was kommt.

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