Angefordert hatte Wildhage das Bundesverdienstkreuz seinerzeit nicht beim Bundespräsidialamt, sondern beim Hersteller der Orden - per E-Mail einer fiktiven Marketing-Agentur. Der Youtuber behauptete, die Original-Auszeichnung sei gestohlen worden. Gegen eine Zahlung in Höhe von 150 Euro und die Vorlage eines Zeitungsberichts, in dem es um die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Peter Lustig im Jahr 2007 geht, wurde Wildhage tatsächlich ein „Ersatzorden“ geschickt. Dabei hätte er eigentlich eine Verleihurkunde vorlegen müssen, erklärt der 28-Jährige. Offenbar habe es seitens des Herstellers einen Fehler bei der Überprüfung des Besitznachweises gegeben.
Anfang der Woche hat er sein Video „Ich gebe mein Bundesverdienstkreuz zurück“ auf seinem Youtube-Kanal „Marvin“ hochgeladen. Innerhalb kürzester Zeit sammelte er damit fast eine Million Aufrufe. Eine lukrative Angelegenheit, denn je mehr Klicks Youtuberinnen und Youtuber für ihre monetarisierten Videos bekommen, desto mehr klingelt für sie die Kasse.Wildhage zitiert in dem Video aus einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Darin äußert sich eine Sprecherin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Sie teilt mit, man sei „in den Erwerb des Ordens durch Herrn Wildhage nicht involviert“ gewesen. Der Hersteller habe zugesichert, den „durch Täuschung erlangten“ Orden zurückzufordern. So sei es dann auch gekommen, erklärt der Youtuber in seinem Video - den Kaufpreis wolle man ihm erlassen.
Ja, er wolle die Auszeichnung zurückgeben, sagt Wildhage. Aber nicht per Post. „Wer sagt mir denn, dass das Paket nicht auf dem Weg verloren geht oder - vielleicht sogar noch schlimmer - dem Falschen in die Hände gerät. Ein zweites Mal.“ Darum habe er sein Glück noch einmal probiert und sei zum Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten, gefahren.
Das hat er schon einmal versucht, um den Orden freiwillig zurückzugeben. Doch ohne Erfolg, er habe damals vor Ort den Hinweis bekommen, er möge sich schriftlich an den Bundespräsidenten wenden.
Nun also der zweite Anlauf. „Vielleicht finden wir ja diesmal den Briefkasten“, sagt Wildhage im Video. Für den Fall, dass er dem Personal am Eingang von Schloss Bellevue erklären muss, wer er ist und worum es geht, hatte der Youtuber etwas mitgebracht: Ein Exemplar der Peiner Allgemeinen Zeitung vom 2. Mai, in der neben der Schlagzeile „Peiner ergaunert sich Bundesverdienstkreuz“ zusammen mit Wildhages Bild auf der Titelseite zu sehen ist.
Zunächst wurde Wildhage zur Hauptwache von Schloss Bellevue geschickt, an der man ihn erkannte. Zwar sei ihm der dortige Wachmann freundlich begegnet, doch habe er das Bundesverdienstkreuz nicht entgegennehmen wollen. Die Begründung: Das zuständige Amt sei zum entsprechenden Zeitpunkt nicht geöffnet gewesen. Doch Wildhage könne es zu einem anderen Zeitpunkt ja noch einmal versuchen.
Was er auch vorhabe, erklärt der gebürtige Peiner, der schon seit etlichen Jahren in der Bundeshauptstadt Berlin lebt.
Das Erschleichen des Bundesverdienstkreuzes war längst nicht die erste kontroverse Aktion, mit der Wildhage Schlagzeilen gemacht hat. Zum Beispiel ließ er sich 2020 mithilfe gefälschter Dokumente einen Doktortitel in den Personalausweis eintragen, was ein Strafverfahren nach sich zog. 2024 schleuste er sich unter falscher Identität in die Eröffnungsfeier der Fußball-Europameisterschaft der Herren ein, um sich dort als Maskottchen auszugeben.
Und auch Auszeichnungen ergaunerte sich Wildhage schon in der Vergangenheit. Etwa die Trophäe „Lola“, die im Zusammenhang mit dem Deutschen Filmpreis vergeben wird - und einen „Echo“, der Musikpreis, der in Deutschland bis 2018 verliehen wurde.
Aber es klappt nicht immer: Wie Wildhage schildert, habe er zum Beispiel versucht, an den Fußballer-Preis „Ballon d‘Or“ zu gelangen, den Lothar Matthäus 1990 erhalten hat. Doch die zuständige Stelle habe Matthäus kontaktiert und so herausgefunden, dass kein Dritter die Trophäe bekommen darf. „Die haben alles richtig gemacht“, sagt Wildhage.
Auch beim Musikpreis „Grammy“ hatte der Youtuber keinen Erfolg: Erneut versuchte er es mit der Masche, die Preise seien gestohlen worden. Doch ohne umfangreiche Nachweise über den Verlust habe man ihm keinen „Grammy“ schicken wollen. „An der Stelle war der Test für mich bestanden“, meint Wildhage, der betont „immer mit fairen Mitteln“ zu spielen. Ob das alle so sehen, sei einmal dahingestellt. Denn während die eine Seite die Aktionen des 28-Jährigen amüsant findet, sieht die andere darin schlichtweg Respektlosigkeit.