An einem Baum, auf einem Feld, auf der Straße - überall lagen Trümmerteile, die erahnen lassen, mit welcher Wucht das Kleinflugzeug zerschellte. Am Montagvormittag setzten die Ermittler von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung aus Braunschweig (BFU) ihre Arbeit an der Absturzstelle fort. Die Landesstraße 320 war dafür zwischen Edemissen und Oedesse weiterhin gesperrt. Kräfte des Technischen Hilfswerks (THW) aus Wolfsburg und Peine räumten die Trümmerteile auf die Ladefläche eines Lasters. Teils mit der Hand, teils mit schwerem Gerät. Auch Forensik-Spezialisten der Polizei waren vor Ort.
„Es geht darum, den Unfall aufzunehmen und zu dokumentieren, was wir vor Ort finden. Und dann geht es auch darum, die Unfallstelle zügig zu räumen“, erläutert Flugunfall-Untersucher Thomas Kostrzewa, der mit zwei Kollegen von der BFU vor Ort im Einsatz war. Er ging davon aus, dass die Arbeiten vor Ort am Montag beendet werden. Und tatsächlich wurde die Straße am Nachmittag wieder freigegeben.
Die BFU-Experten ließen eine Drohne über das Gebiet fliegen, um anhand vieler Fotos einen Überblick über die Absturzstelle zu bekommen. Einen Flugschreiber, wie sie Airline-Maschinen haben, gibt es in Kleinflugzeugen zwar nicht, aber dennoch jede Menge Instrumente, die Daten speichern. Bei der Unfallmaschine in Edemissen soll es sich zwar um ein älteres Kleinflugzeug eines französischen Herstellers handeln - eine Wassmer WA 52 Europa, die ab 1977 nicht mehr produziert wurde . „Aber da wird oft viel nachgerüstet“, weiß Flugunfall-Untersucher Kostrzewa. Die Ermittler hoffen auf Handy- und GPS-Daten.
Untersucht wird der Unfall aber nicht nur vor Ort. „Auch aus dem Flugradar aus dem Sprechfunkverkehr und aus den Wetterdaten werden Daten gesichert“, erläutert der Experte.
Apropos Wetter: Zum Unglückszeitpunkt regnete es im Peiner Nordkreis stark, Blitze zuckten und Donner waren zu hören. Ob das Gewitter der Grund für den Absturz des Kleinflugzeugs war? „Dazu können wir im Augenblick noch nichts sagen“, betont der Flugunfall-Untersucher.
Hobbypiloten vermuten aber stark einen Zusammenhang. Der Grund: Sie haben sich die Route der Unglücksmaschine im Internet auf speziellen Seiten angesehen, die die Daten aller Flugzeuge tracken. Dann haben sie die aktuellen Wetterdaten über die Route gelegt und festgestellt, dass es hier Blitzschläge gab. „Flightradar 24“ ist so eine Internetseite, die den Flugzeugen fast in Echtzeit auf der Spur ist. Dort ist zu sehen, wie das Kleinflugzeug bis über Sievershausen/Hämelerwald unauffällig unterwegs ist. Doch dann dreht die Wassmer WA-52 plötzlich völlig unüblich mehrere Kreise über Röhrse, Abbensen oder Klein Oedesse bis sie gegen 16.10 Uhr sogar bei Edemissen völlig vom Radar verschwindet. Was hat den Piloten zu diesen Schleifen veranlasst? Suchte er eine geeignete Stelle für eine Notlandung, eventuell sogar die Start- und Landebahn des alten Flughafens bei Eddesse? Wurde die Maschine vom Blitz getroffen und war defekt? Genau das wollen die Ermittler nun herausfinden.
Detailliert zur Unglücksursache können die BFU-Ermittler noch nichts sagen, sie können aber generelle Aussagen zum Thema Gewitter im Flugverkehr geben. „Gewitter sind grundsätzlich für alle nicht schön. Auch große Verkehrsflugzeuge vermeiden Gewitter, weil sie heftige Turbulenzen enthalten. Niemand fliegt freiwillig in ein entwickeltes Gewitter hinein“, sagt Flugunfall-Untersucher Kostrzewa.Die Peiner Polizei bestätigte am Montag, dass durch die Trümmerteile auch ein Auto und mindestens ein Haus beschädigt wurden. Dicht an der Unfallstelle direkt hinter den Büschen und Bäumen, in die das Kleinflugzeug krachte, liegt das Wohngebiet „Rodenkamp“. Anwohner hatten am späten Nachmittag einen lauten Knall gehört, an einem Haus soll eine Photovoltaik-Anlage, ein Fenster und Dachziegel von herumfliegenden Trümmerteilen beschädigt worden sein. Wäre die Maschine ein paar Meter weiter heruntergekracht, sie hätte ein Wohnhaus treffen können, wie es jüngst bei dem Unglück mit einem Sportflugzeug im Rhein-Kreis Neuss mit zwei Toten passiert war.
„Das ist schon echt gruselig“, sagt eine Anwohnerin.