Die Mitangeklagten stammen überwiegend aus dem Türstehermilieu des hannoverschen Rotlichtviertels. Mindestens zwei von ihnen sollen dem mittlerweile offiziell aufgelösten Rocker Club Hells Angels angehört haben.
Am 25. Verhandlungstag standen die persönlichen Lebensumstände von drei Angeklagten im Mittelpunkt. Der 36-jährige Hauptangeklagte schilderte, dass er 1996 nach Deutschland kam, weil seine Eltern in seinem Herkunftsland verfolgt und bedroht worden seien. Er wuchs mit zwei Brüdern bei seinen Eltern auf. Die Schulzeit verlief problemlos.
Er absolvierte ein duales Studium und arbeitete anschließend erfolgreich in der IT-Branche. Er sei gut integriert gewesen, spielte aktiv Fußball und Handball. 2017 erfüllte er sich seinen Traum von der Selbstständigkeit und gründete eine Baufirma, die er weiterhin führen möchte. Bewegt berichtete er von seiner Festnahme am 27. Juni 2024 – nur zwei Tage vor der geplanten Hochzeit mit seiner langjährigen Partnerin.
Ein 35-jähriger Mitangeklagter, der den Hells Angels zugerechnet wird, wurde in Potsdam geboren. Nach der Schule absolvierte er Ausbildungen zum Tischler, Maurer und Betonbauer. In den vergangenen 15 Jahren war er in verschiedenen Unternehmen tätig, zuletzt als Betonbauer bei einer Baufirma.
Wie ein weiterer Mitangeklagter (38), mit dem er befreundet ist, arbeitete er als Türsteher im hannoverschen Steintorviertel. Der 38-jährige Angeklagte floh 1988 mit seinen Eltern aus Afghanistan nach Deutschland. Nach dem Hauptschulabschluss hatte er nur gelegentlich Arbeit, war jedoch als Jugendlicher ein erfolgreicher Boxer. Seit 2021 ist er als Türsteher in Hannover tätig.
Die Anwälte der Nebenklage stellten zwei Beweisanträge. Für den Fall, dass das Gericht annimmt, der Bauunternehmer sei erst Wochen nach den Bränden informiert worden, soll ein ehemaliger Hausverwalter aussagen. Dieser hatte im März 2024 eine Mängelanzeige der Opferfamilie per E-Mail erhalten. Laut Nebenklage kann er belegen, dass der Bauunternehmer spätestens Ende März vom ersten Anschlag am 14. März wusste - da er Rücksprache mit ihm gehalten habe.
Sollte die Kammer den geständigen Angeklagten Glauben schenken, die das Haus für unbewohnt hielten, möchte die Nebenklage, dass die Lichtverhältnisse in der Nacht des zweiten Anschlags am 9. Mai 2024 betrachtet werden. Auf Videoaufnahmen sei zu sehen, dass gegen 3 Uhr das Licht im Haus gelöscht wurde. Erkennbar sei dies am Lichteinfall auf den Zaun im Vorgarten des Hauses.
Gestützt würde dies auch durch die am 24. Februar 2025 gemachte Aussage der 74-jährigen Mieterin, die gegen drei Uhr das Licht im Wohn- und Schlafzimmer gelöscht haben will. Die Angeklagten seien bei der Veränderung der Lichtverhältnisse anwesend gewesen. Die Brandsätze wurden 47 Minuten später geworfen. Die Nebenklage schlussfolgert: Die Angeklagten mussten davon ausgehen, dass das Objekt bewohnt war.
Bei derzeitiger Bewertung der Rechtslage lägen Bedingungen für die Anträge der Nebenklage nicht vor, so die Staatsanwaltschaft. Auch der Verteidiger des 35-jährigen Angeklagten aus Nordrhein-Westfalen hält die Anträge für unzulässig und inhaltlich zu unpräzise. Die Verteidiger des Bauunternehmers teilen diese Einschätzung. Einer von ihnen erklärte: „Hier wird bewusst ein falscher Sachverhalt konstruiert.“
Stattdessen beantragten sie, den Bruder des Bauunternehmers als Zeugen zu laden. Dieser könne bestätigen, dass der Großteil der gezahlten 25.000 Euro an die Türsteher dem Schutz der Familie gedient habe. Nur ein kleiner Teil sei für „klare Ansagen“ an die Mieter vorgesehen gewesen. Ziel sei gewesen, die Mieter durch Einschüchterung zum Auszug zu bewegen – so jedenfalls eine Aussage eines Mitangeklagten.
Noch offen ist, ob Frank Hanebuth, Ex-Chef der aufgelösten Hells Angels, als Zeuge vor dem Landgericht Hildesheim aussagen muss. Die Verteidiger des Bauunternehmers hatten beantragt, ihn als Zeugen zu laden. Die Staatsanwaltschaft lehnt den Antrag ab – Hanebuths Aussage sei nicht entscheidungsrelevant. Ob er geladen wird, wird das Gericht am nächsten Prozesstag, dem 12. August 2024, verkünden.