Abschiebefall Tetine Niyibizi
befindet sich im Kirchenasyl
Über Wochen prägte ihr Schicksal die Schlagzeilen, dann wurde es still um sie. Was macht sie heute?

Fotomontage: Tetine Niyibizi befindet sich in einer Kirche im Landkreis Peine im Kirchenasyl.Foto: Ralf Büchler
Kreis Peine. Noch vor einigen Wochen berichteten wir intensiv über Tetine Niyibizi, 39 Jahre alt, aus Burundi. Die ausgebildete Pflegekraft hatte sich in Peine vorbildlich eingelebt, arbeitete im Seniorenheim „Fuhseblick“ und war fest in der Gesellschaft verankert. Doch ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland war abgelaufen, nach den Regeln der sogenannten Dublin-Verordnung drohte ihr die sofortige Abschiebung nach Kroatien. Es ist das Land, in dem sie 2022 bei ihrer Durchreise zuerst registriert wurde.

Die Debatte um ihren Fall erregte landesweit Aufmerksamkeit. Zahlreiche Menschen aus Peine setzten sich für ihren Verbleib ein. Politiker stellten Kontakt zum niedersächsischen Innenministerium her, doch eine Härtefallprüfung brachte keine echte Hilfe in ihrem Fall. Auch das NDR-Fernsehen berichtete mit einem emotionalen Beitrag aus dem Wohnheim „Fuhseblick”, wo Tetine Niyibizi sich liebevoll in der Altenpflege engagierte. Doch dann wurde es mit einem Mal still um sie.

Die gute Nachricht: Tetine Niyibizi ist nicht abgeschoben worden. Nach Informationen unserer Zeitung befindet sie sich seitdem in einer der Peiner Kirchengemeinden im sogenannten Kirchenasyl. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach anders als zunächst angenommen nicht um ein „geschlossenes“ Kirchenasyl. Das bedeutet, Niyibizi kann zeitweise sogar die Kirche verlassen, ohne sofort Gefahr zu laufen, von den Behörden in Gewahrsam genommen oder abgeschoben zu werden. Denn: Die wissen sogar von ihrem Aufenthaltsort.

Aber der Reihe nach. Kirchenasyl ist kein gesetzlich verankertes Recht, sondern eine humanitäre Tradition, die in Deutschland seit Jahrhunderten besteht. Menschen, die von Abschiebung bedroht sind, können vorübergehend Schutz in kirchlichen Räumen erhalten. Bei Dublin-Fällen wie dem von Tetine Niyibizi hat dies eine besondere Wirkung: Die reguläre Sechs-Monats-Überstellungsfrist für die Abschiebung in den zuständigen EU-Staat läuft weiter. Eine Überstellungsfrist ist die Zeit, die ein Land hat, um eine Person, die eigentlich in einem anderen EU-Staat ihr Asylverfahren machen müsste, dorthin zurückzuschicken, bevor das Land selbst für das Verfahren zuständig wird. Nach Ablauf dieser Frist kann Deutschland die Zuständigkeit für das Asylverfahren also übernehmen, und es wird neu bewertet.

Eine in diesem Zusammenhang häufig gestellte Frage betrifft die mögliche Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate. Diese verlängerte Frist greift nur unter besonderen Bedingungen: Wenn die Behörden die Person als „nicht verfügbar“ einstufen, etwa weil sie versteckt hält ist oder ihr Aufenthaltsort nicht mitgeteilt wird.

Im Fall von Tetine Niyibizi hingegen handelt es sich um ein „offenes Kirchenasyl“, das den Behörden gemeldet ist und bei dem der Aufenthaltsort bekannt ist. Das bedeutet: Für sie gilt weiterhin die reguläre Sechs-Monatsfrist. Nach derzeitigem Kenntnisstand muss sie noch bis Mitte Dezember durchhalten, dann wird ihr Fall erneut geprüft – und Deutschland könnte die Zuständigkeit für ihr Asylverfahren übernehmen. Eine Verlängerung auf 18 Monate droht unter diesen Umständen nicht.

Aber warum wissen die Behörden, was die Öffentlichkeit nicht weiß? Die evangelische Kirche in Peine betont, dass konkrete Fälle nicht öffentlich kommentiert werden, schlichtweg um die Betroffenen zu schützen. „Die gesellschaftliche Debatte rund um Migration und Kirchenasyl wird oft sehr kontrovers geführt. Als evangelische Kirche beziehen wir in dieser Debatte klare Position, aber die grundsätzliche Haltung sollte nicht mit Einzelfällen verknüpft werden“, erklärt eine Sprecherin auf PAZ-Anfrage.

Für Tetine Niyibizi bedeutet das: Geduld und Durchhalten. Bis Mitte Dezember lebt die 39-Jährige in relativer Sicherheit in der Kirchengemeinde, kann ihre Umgebung vorsichtig erkunden und hofft, dass Deutschland die Zuständigkeit für ihr Asylverfahren übernimmt. Der Fall zeigt, wie juristische Regelungen, humanitäre Traditionen und der Alltag von Menschen vor Ort eng miteinander verbunden sind. Und wie stark Einzelne auf diese Schutzmechanismen angewiesen sind.

Druckansicht