Igel im Inkubator: So hilft ein Netzwerk verletzten und kranken Tieren
Insken Frisch aus Klein Ilsede und zahlreiche Mitstreiter pflegen die Stacheltiere jeden Alters,
um sie wieder gesund in die Wildbahn zu entlassen

Bilden das Igelnetzwerk (von links): Dennis Rieger, Romin Friesel, Kerstin, Insken Frisch, Dorit Erdmann, Birgit Lippe und Bine Held.Fotos: Ralf Büchler
Klein Ilsede. Kranke, verletzte, verwaiste und unterernährte Igel jeden Alters finden bei Insken Frisch aus Klein Ilsede ein vorübergehendes Zuhause. Liebevoll und fachgerecht lässt die 45-Jährige jedem Stacheltier die Pflege angedeihen, die es benötigt. Gerade ist Igelnotfall-Hochsaison - fast täglich werden ihr neue Schützlinge gebracht. Denn sie ist Pflegestelle für Igel und Teil des Igelnetzwerkes Peine.

Elf Pflegeplätze hat Frisch, auch für Intensivpatienten. Deshalb hat sie auch einen Inkubator, in dem die Tiere mit Sauerstoff, Feuchtigkeit und Wärme versorgt werden können.

Vom Füttern einer Igelfamilie in ihrem Garten ist sie zur Expertise in Sachen Igelpflege gekommen: „Eines Sommers hatten wir eine kleine Igelfamilie und zwei der Babies sind kurz nacheinander verstorben“, erzählt sie. „Das war für mich Anlass genug, um mich mit dem Thema Igel genauer zu beschäftigen. Ich habe mich eingelesen und schnell verstanden, wie groß die Not dieser Tiere ist.“ Für sie stand sofort fest: „Ich möchte helfen.“

Über Facebook kam Frisch dann zum Igelnetzwerk Peine. Im Jahr 2024 erwarb sie den nach Tierschutzgesetz notwendigen Sachkundenachweis, kurz darauf wurde ihre Pflegestelle durch das Peiner Veterinäramt anerkannt.

Seitdem wird in Klein Ilsede entwurmt, es werden Wunden gereinigt und versorgt, Abszesse gespült und medikamentös behandelt. Manch Igel muss inhalieren oder benötigt Infusionen. Neben den offensichtlichen Symptomen wie verletzten Gliedmaßen, Schnittverletzungen und Nekrosen, wird der Kot jedes Tieres mikroskopisch untersucht, um die Pfleglinge nach erfolgter Behandlung wieder wildbahntauglich zu entlassen – idealerweise im jeweiligen Heimatrevier, denn Igel sind reviertreu.

In den vergangenen Wochen wurden Insken Frisch besonders viele Igel gebracht, die in Kellerschächte gestürzt waren, die in Zäunen oder Fußballnetzen festhingen. Auch verwaiste Igelkinder, mangelernährte Tiere, Igel mit massivem Parasitenbefall und sogar ganze Igelfamilien, deren Nest beim Winterfestmachen des Gartens zerstört wurde, versorgt sie derzeit in ihrer Pflegestelle.

Darüber hinaus leitet Frisch auch andere an, die gern Igel pflegen möchten. Es gibt ein Mentorenprogramm, in dem erfahrene Pflegestellen interessierte Personen hospitieren lassen. Dabei gibt es bestimmte Pflegestandards, die erfüllt werden müssen. Eine Voraussetzung ist zum Beispiel ein separater, beheizbarer Raum mit Fenster, damit der Tag- und Nachtrhythmus der Tiere nicht gestört wird und die Igel abseits vom Alltagstrubel gesund werden können. Außerdem benötigt, wer dauerhaft Igel pflegt, einen Sachkundenachweis nach Paragraf 11 des Tierschutzgesetzes.

Aber nicht jeder vermeintlich hilflos wirkender Igel benötigt auch wirklich Hilfe. Tiere, die in der Abenddämmerung auf Wanderschaft gehen, einen gut genährten, birnenförmigen Körper mit deutlichen Knopfaugen haben, bedürfen keiner Pflege. „Igelkinder, deren Mutter und Geschwister in der Nähe sind, brauchen oft ebenfalls keine Hilfe“, erklärt Frisch.

Dagegen empfiehlt sich der Kontakt zur Igelpflegestelle, wenn Tiere offensichtlich verletzt sind. „Schnittwunden, fehlende Gliedmaßen, torkelnder Gang, schlottriges Stachelkleid, wurstförmiger Körper oder ein typischer Hungerknick - das ist ein deutlich erkennbarer Übergang zwischen Kopf und Körper“, zählt die Igelexpertin mögliche Krankheitssymptome auf. „Apathisch wirkende Tiere, auch tagaktive Igel benötigen meist Hilfe. Schlitzförmige Augen, verstopfte Nase und dauerhafter Husten sind ebenfalls Alarmsignale.“

Das Igelnetzwerk Peine hat einen Internetauftritt und ist unter www.igelnetzwerk-peine.de zu finden. Dort finden Interessierte auch den Zugang zu den Whatsapp-Chatgruppen, über die die Igelhelfer erreichbar sind, sowie weitere Informationen und Wissenswertes zum Thema Igel.

Benötigt werden zur Einschätzung eines Falles einigen Angaben, zum Beispiel zum Fundort. Auch aussagekräftige Fotos des Tieres sind hilfreich. Anhand dessen versuchen die Helfer schnellstmöglich, eine passende Pflegestelle für das jeweilige Tier zu finden. Das Netzwerk agiert im Umkreis von etwa 25 Kilometern rund um Peine und verfügt über 25 Pflegestellen, von denen zehn auch Intensivpatienten versorgen können.

Ist ein Platz für einen Igel gefunden, wird der Kontakt zwischen Pflegestelle und Finder hergestellt, um die Übergabe abzustimmen. In der Regel werden die Igel zur Pflegestelle gefahren. Sollte jemand nicht mobil sein, wird ein Igeltaxi organisiert.

Im Jahr 2024 konnten auf diese Weise etwa 700 Igel in Obhut genommen und rund 80 Prozent von ihnen wieder gesund in die Wildbahn entlassen werden.

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