Mit Hilfe eines 100-Tonnen-Schwerlastkrans wuchtete die Abriss-Firma große Betonplatten von der Außenfassade. Die einzelnen Elemente hatten dabei schon einmal sechs Meter Länge und wogen vier Tonnen. Zunächst wurden Ketten an die Bauteile angeschlagen, sie hielten die schweren Elemente, die so zielsicher und sanft an den Boden befördert werden konnten. „Solche Bauten aus den 1960er- und 70er-Jahren sind viel einfacher abzureißen als etwa ein altes Fachwerkhaus. Das ist ein bisschen wie Lego in Groß“, sagte Projektleiter Igor Sojka vom Braunschweiger Abriss-Unternehmen, der Sojka GmbH. Stockwerk für Stockwerk werden die Beton-Elemente nun abgenommen.
Zuvor hatte sein Baustellen-Team um das Gebäude herum Flächen mit einer Höhe von rund einem halben Meter mit Erde aufgeschüttet. Eine Vorsichtsmaßnahme, die Abriss-Experten schütteten quasi ein Auffangpolster auf. Denn unter der Erde verlaufen hier schließlich auch Versorgungsleitungen für Wasser, Fernwärme und Strom. Falls doch ein Bauteil abstürzt, wäre die Infrastruktur geschützt gewesen. „Aber es war umsonst, wir haben es nicht gebraucht“, stellte der Geschäftsführer der Sojka GmbH zufrieden fest. Die Erde bleibt trotzdem wertvoll, sie kann etwa zum Verfüllen von Kellern unter den Abrissgebäuden genutzt werden. Zahlreiche Schaulustige beobachteten am Eingang zur Fußgängerzone oder in der Kleinen Schützenstraße am Montag die spannenden Arbeiten. Auch Gäste der Heidebäckerei-Meyer kiebitzten bei Kaffee und Kuchen. Projektleiter Igor Sojka kann das gut nachvollziehen: „Für mich selbst ist das ja auch immer wieder interessant“, betonte er. Wenn monatelange Planung zum Erfolg führe, sei das ein schönes Gefühl.
Und noch einer freute sich am Montag auf der Baustelle ganz besonders: Der Baggerfahrer des extra für die Baustelle georderten Spezialbaggers. Der Longfront-Abbruchbagger kann seinen Ausleger auf rund 25 Meter ausfahren. Damit kann er locker auch das rund 20 Meter hohe Dach des alten Postgebäudes erreichen. „Vorher hat der Longfront-Bagger noch bei den anderen Abriss-Arbeiten geholfen, aber jetzt kann er endlich dafür eingesetzt werden, wofür er hier ist“, betonte Sojka. Der Baggerfahrer sei ein echter Experte, „er macht gefühlt seit 30 Jahren nichts anderes“ und verfüge über die wichtigste Eigenschaft: „Man muss ganz ruhig sein.“
Der Riesen-Bagger zermalmte mit Anbauteilen wie Pulverisierer oder Abbruchzange am Montag auf der Rückseite des Postgebäudes Decken und Wände, trennte Bewehrungsstahl von Beton. Das sah mitunter so aus, als würde ein Riesen-Dinosaurier am Postgebäude „knabbern“. Ein durstiger Dino übrigens: Unter Volllast schluckt der Longfront-Bagger bis zu 400 Liter Diesel am Tag. Die Anbau-Zange am Montag wog schon 2,6 Tonnen, am Dienstag soll eine 5,5-Tonnen-Zange zum Einsatz kommen. Damit es bei den Abrissarbeiten nicht so staubt, kann der Bagger über einen Anschluss auch Wasser versprühen.
Die Stadt Peine hat derweil angekündigt, dass wegen der Abriss-Arbeiten auch der Gehweg entlang der Schützenstraße bis voraussichtlich Ende des Jahres abgesperrt wird. Der Gehweg vom Parkplatz Schützenplatz aus sei nur noch bis zum Fußgängerüberweg frei. Fußgängerinnen und Fußgänger können auf die Gehwege Am Werderpark/Kleine Schützenstraße ausweichen, um in Richtung Fußgängerzone zu gelangen.
Rund einen Monat sollen die Abrissarbeiten am alten Postgebäudes dauern. Es entstand einst 1969, nach dem Rückzug der Post Ende 2024 stand das Gebäude ebenso leer wie zuvor schon die angrenzenden roten Backsteingebäude in denen einst mal eine Videothek, das Soziale Kaufhaus oder eine Landschaftsgärtnerei die Mieter waren.
Ein Neubau soll später das Ortsbild wieder aufwerten. Der Hamburger Bauprojektentwickler Cureus investiert hier mehrere Millionen Euro und will eine Seniorenresidenz bauen. 124 Pflegeplätze und 24 Wohneinheiten plant der Investor nach derzeitigem Stand auf dem rund 4.600 Quadratmeter großen Grundstück. Auch eine öffentliche Grünfläche mit rund 430 Quadratmetern soll entstehen. Laut Internetseite von Cureus ist die Fertigstellung für 2027 vorgesehen.