„In den vergangenen Jahren hat die Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit viel eher begonnen“, so Christian Erdmann, Stationsleiter des von „Vier Pfoten“ unterstützten Wildtier- und Artenschutzzentrums Hamburg/Schleswig Holstein. So habe er schon Jungfüchse aufgenommen, die im Januar geboren wurden, und auch Feldhasen würden früh im Januar gesetzt. Für diese Jungtiere könnten freilaufende oder jagende Hunde eine lebensgefährliche Bedrohung darstellen, da Wildtiere ihren Nachwuchs oft aufgeben, wenn sie gestört werden. Gerade Bodenbrüter wie Brachvögel und Kiebitze seien gefährdet. Wenn ein Hund Bodenbrüter aufstöbere, verteidigten diese oft ihre Brut oder würden fliehen. Die Jungtiere blieben zurück und seien dem sicheren Tod ausgesetzt. Auch für Rehkitze, Junghasen und Nestlinge verschiedener Vogelarten bedeute die Anwesenheit freilaufender Hunde enormen Stress und eine ernsthafte Gefahr.
„Hunde genießen es, sich in der Natur frei zu bewegen. Aber es ist wichtig, dass verantwortungsbewusste Hundehalter darauf achten, keine Wildtiere zu gefährden. Besonders während der Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit ist das Anleinen von Hunden von größter Bedeutung“, sagt Martina Hasselberg, Heimtierexpertin bei „Vier Pfoten“. Doch auch angeleinte Hunde könnten Jungtiere an Feldrändern aufschrecken. „Daher ist es wichtig, beim Spazierengehen besonders aufmerksam zu sein und den Hund gegebenenfalls an der kurzen Leine zu halten.“ Von langen Schleppleinen sollten Hundehalter absehen, da hiermit der Schutz für Wildtiere nicht gewährleistet werden könne.
Die Leinenpflicht gilt seit Montag, 1. April, bis Montag, 15. Juli, im Wald, auf Feldwegen, auf Wiesen sowie an und in Gewässern. Das ist seit 2002 im Niedersächsischen Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung geregelt. Im Nationalpark Harz gilt – wie auch in Naturschutzgebieten – eine ganzjährige Leinenpflicht, wie Friedhart Knolle vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Westharz mitteilt. Die Umweltverbände appellieren bei der Leinenpflicht auch an die Kommunen, stärker zu kontrollieren.
Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften werden mit einem Ordnungswidrigkeitenverfahren geahndet. Es droht ein Bußgeld bis zu 5.000 Euro, denn diese Störungen seien im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Arbeiten vermeidbar, so der Landvolk-Pressedienst. Die Landwirte müssten im Frühjahr Mais legen, Dünger streuen und Pflanzenschutzmittel ausbringen, um die Ernte und die Versorgung mit Lebensmitteln zu sichern. So gut es gehe, würden jedoch auch sie auf die Tierwelt Rücksicht nehmen.
Das Landvolk Niedersachsen ruft zudem dazu auf, Wiesen und Weiden zu meiden, auf denen das Futter für zum Beispiel Kühe, Pferde oder Schafe wächst. Gerade in der Aufwuchs- und Erntezeit sei dies besonders wichtig, denn Hundekot sei eine Infektionsquelle für zahlreiche Krankheiten und Fehlgeburten.
Die nächsten vier bis fünf Monate müssten dennoch aber weder für Hunde noch für ihre Besitzer frustrierend sein. Auf speziellen Hundeauslaufflächen könnten Hunde weiterhin mit Artgenossen spielen. Idealerweise seien diese Flächen großzügig gestaltet, naturnah und eingezäunt.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es jedoch vorkommen, dass ein Hund ein Wildtier verletzt oder tötet. In solchen Fällen sollte sofort der zuständige Förster oder eine Wildtierstation eingeschaltet werden, um dem verletzten Wildtier zu helfen, wenn es noch möglich ist. Zur Not könne auch die Polizei kontaktiert werden, die dann den Förster oder eine Wildtierstation informieren.