IG Metall befürchtet Kahlschlag
Gewerkschaft und Betriebsrat warnen vor „Zielbild“-Plänen der MAN-Geschäftsführung

Unruhe bei MAN in Salzgitter: IG Metall und Betriebsrat befürchten massive Jobverluste, das Unternehmen kündigt Entscheidungen an, um wettbewerbsfähig zu bleiben.Foto: sz-pa/rk
Salzgitter. Mit drastischen Worten warnt die IG Metall davor, dass beim Unternehmen MAN in Salzgitter zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut werden könnten. „Die Kahlschlagpläne gefährden die Beschäftigung und regionale Strukturen“, warnte die Gewerkschaft in einer Mitteilung. MAN gehört zur VW-Nutzfahrzeugtochter Traton. Um die Zukunft des Werks in Salzgitter wird schon länger gerungen. Im Frühjahr wurde bekannt, dass der Nutzfahrzeughersteller einen bis Ende 2026 gültigen Zukunftstarifvertrag nicht verlängern wollte.

In Salzgitter arbeiten derzeit rund 2.300 Menschen für den Münchner Fahrzeugkonzern. Die IG Metall fürchtet, dass 1.100 Beschäftigte, also fast die Hälfte, ihren Job verlieren könnten, wie ein Sprecher auf Nachfrage sagte. Laut Gewerkschaft habe die Geschäftsführung jetzt mit einem „Zielbild” nachgelegt. Dieses löste bei Arbeitnehmervertretern die Alarmstufe Rot ausgelös. MAN plane den schleichenden Rückzug, es drohten massive Arbeitsplatzverluste. So lägen Pläne vor, ganze Fertigungslinien stillzulegen, warnen Gewerkschaft und Betriebsrat.

„Was hier unter dem Label ‚Zielbild‘ daherkommt, ist in Wahrheit ein fein orchestrierter Abbauplan“, schimpft Andrea Deiana, Vertrauenskörperleiter der IG Metall am Standort Salzgitter. „Ein Plan, der nicht auf Erneuerung zielt, sondern auf eine kontrollierte Schrumpfung. Das ist betriebswirtschaftliche Abrissbirne – keine Industriepolitik.“

Konkret sollen laut Gewerkschaft produktionsnahe Bereiche wie Achsmontage, Rohrfertigung und die mechanische Bearbeitung aus Salzgitter vollständig abgezogen und an andere Standorte verlagert werden. Der Bereich Kurbelwellenfertigung drohe bis 2032 schrittweise das Aus. Das Ersatzteil-Logistikcenter soll laut IG Metall zwar erhalten bleiben. Die Gewerkschaft befürchtet allerdings eine Ausgliederung in eine eigenständige GmbH oder einen Verkauf an Dritte – mit negativen Folgen für die Beschäftigten.

Die Arbeitnehmerseite betont, dass MAN ein zentraler Arbeitgeber in der Stadt sei. „Im Klartext heißt das Vorgehen der Chefetage bei MAN: Die industrielle Substanz des Standorts wird in Etappen demontiert – zuerst verlagert, dann ausgegliedert, schließlich abgebaut“, warnt Hüseyin Uc, Vorsitzender des Betriebsrats. „Wer glaubt, das werde keine Auswirkungen auf die Region haben, der verkennt die Realitäten. Wo die Industrie geht, gehen nicht nur die Arbeitsplätze – es geht Lebensqualität und Zukunft.“

IG Metall und Betriebsrat machen klar, dass eine Zukunftsvereinbarung auf der Grundlage des vorgelegten „Zielbilds” ausgeschlossen sei. Die Gewerkschaft fordert Beschäftigungssicherung und Tarifbindung. Zudem müsse ein belastbares Zukunftskonzept vorgelegt werden.

Das Unternehmen betont, wettbewerbsfähig und ein verlässlicher Arbeitgeber bleiben zu wollen, „der allen derzeit am Standort Salzgitter beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern langfristig einen sicheren und attraktiven Arbeitsplatz bieten kann“, wie ein Sprecher sagte. MAN habe derzeit mit vielen Herausforderungen zu tun, dazu gehörten hohe Zölle, Nachfrageschwäche in Truck Kernmärkten und Druck durch neue Wettbewerber aus China.

„Wir müssen heute unsere Handlungsfähigkeit stärken, um auch zukünftig in ausreichendem Maß in neue Produkte investieren zu können. Jetzt nicht frühzeitig Entscheidungen herbeizuführen, brächte für MAN und damit für den Standort Salzgitter weit größere Veränderungenmit sich“, sagte der Sprecher. So sollen etwa Geschäftsbereiche gestärkt werden, die zuletzt gewachsen sind. „Wir haben beispielsweise massiv in die Logistik am Standort Salzgitter investiert und glauben auch weiterhin daran, dass das Wachstum aufgrund der stetig größer werdenden Flotte mit unseremVan-Geschäft anhält.“ Ob tatsächlich einzelne Bereiche ausgelagert und Fertigungslinien stillgelegt werden sollen, blieb unklar.

Das Werk in Salzgitter produziert nicht-angetriebene Achsen für MAN und Scania sowie Kurbelwellen für Dieselmotoren. Außerdem betreibt MAN an dem Standort das weltweit zentrale Lager für Ersatzteile. In der Autobranche gehen derzeit massiv Arbeitsplätze verloren. Nicht nur Volkswagen will bis zum Jahr 2030 in Deutschland 35.000 Arbeitsplätze abbauen. Dazu kommt der Verlust von tausenden Arbeitsplätzen in der Zulieferindustrie. Selbst große Namen wie Bosch und ZF bauen Stellen ab, auch in Niedersachsen. Der Reifenhersteller Continental wird sein Werk in Gifhorn im Jahr 2027 schließen.

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