Diese Schaulustigen sind diesmal sogar erwünscht: Eine interessierte Menschenmenge steht am vergangenen Samstag an eienm Trassierband auf dem Hof des neuen DRK-Forums an der Braunschweiger Straße und verfolgt gespannt, wie ein Teenager unter Anleitung eines Rotkreuzlers einen Notruf absetzt und wenig später zwei Rettungswagen einweist. Mitten auf dem abgesperrten Areal liegen zwei Jugendliche und ein umgestürzter Roller. Diese Vorführübung ist Teil des bunten Tags der offenen Tür, bei dem das DRK nicht nur seinen neuen Standort vorstellt, wo es nun viele seiner Dienste von der Erste-Hilfe-Ausbildung bis zum Kleidershop zentral zusammenfasst. Es will auch Lust machen auf ehrenamtliche Mitarbeit zum Beispiel bei der Bereitschaft, die ebenfalls dort stationiert ist und gerade zeigt, was sie drauf hat.
Neue Leute werben – unter anderem mit einem action- und technikreichen Tag der offenen Tür, wo auch die Unterwasser-Drohne präsentiert wird – ist das eine, bereits Engagierte zu halten das andere. Dies wird laut David Skiba, dem Leiter der DRK-Bereitschaft Gifhorn, schwieriger. Denn viele von ihnen seien beruflich eingebunden. Und im Gegensatz zu Feuerwehrleuten bekommen ihre Chefs keinen Ausfall erstattet.
In Zeiten des Fachkräftemangels könnten gerade kleinere Betriebe immer seltener auf Mitarbeitende verzichten, die bei einem Großeinsatz durchaus mehrere Stunden ausfallen oder oft am selben Tag nicht mehr zurückkommen würden. Einen Anspruch darauf, zum Einsatz rauszufahren, könnten die Ehrenamtlichen beim Arbeitgeber nicht geltend machen.
Die Evakuierung des Seniorenheims in Müden während des Hochwassers war in den Weihnachtsferien, da sei es nicht schwierig gewesen, Kräfte zu bekommen. „Hätten wir das an einem Mittwochvormittag in einer normalen Arbeitswoche gehabt, wäre es schon schwieriger gewesen“, sagt Skiba. Böller-Großeinsatz mit 40 Verletzten an der Freiherr-vom-Stein-Schule und Gasleck-Großeinsatz im Wesendorfer Schützenhaus mit 13 Verletzten: „Wir haben es hinbekommen, aber es war eine Herausforderung.“
Solche Fälle werden laut Skiba immer häufiger. „Wir haben immer mehr Aufgaben bekommen, aber die Kompensation ist nur bedingt gewachsen.“ Damit steigt offenbar der Druck. Ehrenamtliche berichten der AZ am Rande der Vorführaktion auf dem Hof, dass nicht mehr jeder Arbeitgeber anstandslos bereit ist, Leute zum Einsatz ziehen zu lassen. „Irgendwann bleiben die Ehrenamtlichen dann weg“, heißt es aus deren Kreisen. Das wollen Skiba und DRK-Kreisvorstand Sandro Pietrantoni auf jeden Fall verhindern. „Wenn wir die nicht haben, dann drücken wir auf den Knopf, aber es kommt keiner“, mahnt Pietrantoni. Diese Aufgaben zu professionalisieren, wäre nicht bezahlbar.
Deshalb hätten der Gifhorner und weitere Kreisverbände den DRK-Landesverband aufgerufen, bei der Landesregierung eine Gleichstellung zu erwirken. In Teilen sei das mit einer aktuellen Gesetzesänderung erfolgt, sodass zumindest die Arbeitgeber der Wasserwachtler bei einem Einsatz den Ausfall erstattet bekommen. Doch das müsse auch für den Erweiterten Rettungsdienst gelten.