Kulturelle Mythen und Geschichten ranken sich ums Moor. Welchen immensen Wert dieser besondere Lebensraum im Ökosystem und vor allem auch im Klimaschutz hat, wissen allerdings nur wenige. Übrigens auch im Landkreis Gifhorn, obwohl die drei jetzt kooperierenden Leader-Regionen selbst reich an Moorflächen sind. Der Nabu-Kreisverband möchte dieses fast direkt vor der Haustür gelegene Forschungsgebiet nun mit „Die Moorforschenden“ erschließen.
Moore seien „ein großer Schatz“, sagte Nabu-Kreisverbandsvorsitzender Florian Preusse. Genutzt worden seien sie bisher hauptsächlich zum Torfabbau. „Der macht diesen Schatz langfristig aber eher kaputt“, sagte Preusse. Seit Ende 2023 wird im Großen Moor kein Torf mehr gewonnen. Aus Naturschutzsicht ist das gut, denn intakte Moore sind nicht nur Heimat für seltene Tier- und Pflanzenarten, sondern speichern auch riesige Mengen Kohlendioxid. Sie sind somit sehr bedeutsam im Klimaschutz. Und mehr noch: „Sie saugen Wasser auf wie ein Schwamm, sind also ein wertvoller Speicher für Trockenzeiten“, erklärte Preusse. Und Detlev Junge, Vorsitzender des Fördervereins Großes Moor, ergänzte, dass Moore auch im Hochwasserschutz eine wesentliche Rolle spielen: „Ohne das Große Moor wären Gifhorn und Meinersen beim jüngsten Starkregen abgesoffen.“
Der Nabu-Kreisverband engagiert sich seit 40 Jahren in der Renaturierung des Großen Moores. Dabei geht es auch um den Erhalt von Heideflächen, die durch Bewuchs mit Kiefern und Birken gefährdet sind. Die Bäume entziehen dem Boden Wasser. Moore müssen aber feucht bleiben, um zu funktionieren. „Bei Kiefern reicht es, sie zurück zu schneiden. Birken muss man ausstechen“, erklärte René Hertwig. Gemeinsam mit Doris Plenter leitet er das Nabu-Team Großes Moor. Die Gäste beim Projektauftakt ermunterte Plenter, sich Spaten und Astscheren zu schnappen und selbst gegen den Baumbewuchs aktiv zu werden.
Ziel des Kooperationsprojektes „Die Moorforschenden“ ist es derweil, die Potenziale der Moore für zeitgemäßen Klima- und Naturschutz herauszustellen. Weltweit machen Moore nur drei Prozent der Landfläche aus, speichern aber doppelt so viel Kohlendioxid wie alle Wälder zusammen. Zudem tragen sie zur biologischen Vielfalt bei, verbessern Wasserqualität und Nährstoffhaushalt. Entwässerte Moore dagegen geben gewaltige Mengen an Kohlendioxid, Lachgas und Methan in die Atmosphäre ab. Der Nabu möchte über die Bedeutung der Moore für Klimaschutz und Artenvielfalt informieren. Daher soll ein „umfassendes und dauerhaftes Umweltbildungsangebot“ im Landkreis Gifhorn entwickelt werden.
Dessen drei Hauptzielgruppen seien Schülerinnen und Schüler, Naturinteressierte sowie ausgebildete Kultur- und Landschaftsführerinnen und -führer. Im ersten Projektbaustein sollen zunächst Kinder, Jugendliche und Schulen für das Thema gewonnen werden über Umweltbildungsangebote an einem außerschulischen Lernort, sprich direkt im Moor. Ins pädadgogische Konzept nimmt der Nabu, angelehnt an Lehrpläne der Sekundarstufe II, Abiturrelevantes über das Ökosystem Moor auf. Besonderen Wert lege man dabei auf aktives Mitwirken, getreu des Mottos: „Was man kennt, schützt man auch.“
Im zweiten Projektbaustein geht es um Erwachsenenbildung. Erstmalig in Niedersachsen bietet der Nabu-Kreisverband Gifhorn daher eine Weiterbildungsmaßnahme für zertifizierte Natur- und Landschaftsführerinnen und -führer mit dem Schwerpunkt Moor an. Insbesondere Ehrenamtliche wolle man erreichen, etwa aus dem Förderverein Großes Moor, der Moorbahn, örtlichen Naturschutzverbänden sowie der Jägerschaft, die dann ihrerseits Touristen bei Führungen durchs Moor über dessen Funktion im Klimaschutz und für die Artenvielfalt informieren.
Das Investitionsvolumen des auf zwei Jahre angesetzten Kooperationsprojektes bezifferte der Nabu mit rund 134.000 Euro, wobei fast 88.500 Euro aus dem EU-Fördertopf Leader kommen. Die kommunale Ko-Finanzierung beträgt rund 22.100 Euro, die Landkreis Gifhorn Stiftung steuert 15.000 Euro bei. Den Rest trägt der Nabu aus Eigenmitteln.
Die Gäste des Auftaktevents, darunter die Vorsitzenden der Leader-Regionen Jannis Gaus (Südkreis), Michael Zobjack (Lachte-Lutter-Oker) und Wieland Bartels (Isenhagener Land), sahen im Projekt ein tolles Beispiel für die Kooperation, die man in anderen Bereichen, etwa beim Radwegebau, noch vertiefen möchte.