In den Tagen vor Weihnachten wehte ein frischer Wind durch Gamsen. Kenner der Situation vor Ort könnten es glatt für das Aufatmen von Pendlern und Anwohner gehalten haben. Seit 4. August war die Hamburger Straße in Höhe der Tankstelle dicht, die Baufirma sollte mit den rund 100 Metern Straße und Kreisel eigentlich im Oktober durch sein.
Das Rathaus konnte den Abschluss des ersten Bauabschnitts nun als „Weihnachtsgeschenk“ verkaufen. Die Bauverzögerung begründete es mit zusätzlichen Suchschachtungen und einer Umplanung bei einer Versorgertrasse. Anrainer berichteten im Frühherbst, dass die Baufirma nur vormittags da war. Nicht nur Gamsener dürften gespannt sein, wie es in diesem Jahr bis zur Christinenstift-Kreuzung weitergeht.
Baustellen, wo nur wenige Arbeiter vor Ort sind, sah man auch anderswo im Kreis Gifhorn - bis hin zu krassen Beispielen, wo Bauarbeiter mit den Händen in den Hosentaschen ihren Kollegen zuschauten. Fachkräftemangel gepaart mit falscher Personalkalkulation? Scheinbar verlassene Baustellen gibt es nicht nur im Kreisgebiet. Sie scheinen bundesweit so legendär geworden zu sein, dass ein Experte der Autobahn GmbH in der ARD-Doku „Die Autobahn“ erläutern musste, dass neue Fahrbahnen eine Zeitlang ruhen müssen.
Auch Landesbehörde und Landkreis wünschen sich ihren Sprecherinnen zufolge ein schnelleres Tempo. Doch in der Praxis sei das nicht machbar. Arbeiten auf engen Verhältnissen, viele Partner, die ihre Arbeiten aufeinander abstimmen müssen, und die Grundstücke sollen so weit wie möglich erreichbar bleiben: Diese Faktoren sorgen dafür, dass gerade Ortsdurchfahrten viel Zeit in Anspruch nehmen, so Christina Rochlitz von der Landesbehörde:. „Früher ging das Bauen auch nicht schneller. Allerdings sind heute gegebenenfalls mehr Anwohnerwünsche bezüglich Erreichbarkeiten zu beachten. Dies erfordert kleinteiligeres Bauen, was entsprechend länger dauert.“
Die Aufrechterhaltung der Versorgung während einer Baumaßnahme ist aus Sicht von Christian Lampe, Geschäftsführer des Wasserverbands Gifhorn, ein wesentlicher Grund, warum der Neubau einer Trinkwasserleitung zwischen Rötgesbüttel und Ribbesbüttel sich so lange hinzog. Die neue Leitung kommt, die alte bleibt noch in Betrieb: „Die Wasserversorgung muss gewährleistet sein.“
„Es ist tatsächlich so, dass sich die Bauarbeiten in den Ortsdurchfahrten im Vergleich zu Außerortsstrecken meistens zeitlich etwas länger erstrecken“, sagt Anja-Carina Riechert vom Landkreis. „Das ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass nicht nur die Fahrbahn als solche erneuert wird, sondern auch noch weitere Projektpartner eingebunden werden.“ Vor allem, wenn es um Schmutz- und Regenwasserkanäle sowie andere Versorgungsleitungen wie Trinkwasser gehe, koste es „schon wesentlich mehr Bauzeit“.
Hinzu kämen manche Überraschungen, die im Boden unter der alten Straße schlummerten - etwa der archäologische Fund eines Bohlenwegs in Parsau. „Eng getaktete Bauabläufe setzen minutiöse Baustellenplanungen und einen enormen logistischen Aufwand voraus“, so Rochlitz. „Solche Planungen werden immer wieder durch unvorhergesehene Ereignisse gestört.“
Aus Sicht von Riechert täuscht oft der Eindruck, dass es nicht vorangeht. So seien gerade die zeitaufwendigen Arbeiten im Untergrund häufig von außen nicht zu erkennen.
Darüber hinaus arbeiteten Firmen mit unterschiedlicher Personaldisposition: einige mit festen Kolonnen, andere flexibler mit einer „maximal möglichen Anzahl an Arbeitskräften“.