Der frühe SUV fängt den Stellplatz: Die ersten Elterntaxis sind bereits Minuten vor dem Schulschluss da und stehen entlang des Brandwegs in Reih und Glied. Ein später Skoda Yeti stellt sich vor eine Parkplatzzufahrt. Danach rückt ein schwarzer Touareg nach, er bleibt in der Kurve am Fahrbahnrand stehen, der Motor läuft erstmal weiter, gleich danach stellt sich der nächste SUV dahinter.
Bald darauf ist am Brandweg kein Platz mehr frei, zumindest nicht direkt vor dem OHG. Zahlreiche Autos rollen erstmal weiter. Dabei ist Obacht geboten, denn kurz nach 13 Uhr kommen die ersten Schüler mit dem Fahrrad vom Schulgelände. Augen für den Verkehr haben sie nicht unbedingt, wichtiger ist der Blick auf das Smartphone, das den Kopfhörer mit dem richtigen Soundtrack für den Heimweg versorgen soll.
„Hier bricht gleich das Chaos aus“, sagt Fabian Hoffmann. Der Taxiunternehmer kennt das schon. Er wartet mit seinem Bus auf Kooperationsschüler, die er vom OHG zum Humboldt-Gymnasium bringen muss. „Die Drehleiter würde hier nicht mehr durchkommen“, sagt Hoffmann mit dem Blick des Feuerwehrmanns zur zugeparkten Kurve.
Und schon ist ein Paradebeispiel für gefährliche Situationen da: Ein weiteres Auto rollt an der Schlange parkender Elterntaxis vorbei, dazwischen drei radelnde Gymnasiasten, die in der anderen Richtung unterwegs sind. Radler dürfen entgegen der Einbahnstraße fahren. Doch einige Autofahrer machten das auch noch, winkt Hoffmann ab.
Anwohner älteren Semesters berichteten ihm, dass sie sich an der Stelle nicht mehr sicher fühlten. Eine radelnde Anwohnerin kommt mit ihm ins Gespräch. „Das ist hier Alltag“, sagt sie zu dem Elterntaxi-Stau.
Auf dem Dannenbütteler Weg, wo die Stadt auf der Fahrbahn stadtauswärts einen Elterntaxi-Parkstreifen mit 30-Minuten-Regelung angelegt hat, ist es nicht viel besser. Auch dort stehen die Autos Schlange.
Der fließende Verkehr staut sich in beiden Richtungen. Der Bus der Linie 103 muss erstmal den Gegenverkehr durchlassen, bis er zur Haltestelle kommt.
Die wird zuweilen auch von Elterntaxis zugestellt, hat Hoffmann beobachtet. Dann halte der Bus eben in zweiter Reihe und lasse in aller Ruhe die Schüler einsteigen - und die Elterntaxis schmoren.
Am Dannenbütteler Weg gibt es eine weitere Gefahr, wofür die radelnden Schüler selbst ihren Beitrag leisten. Sie fahren zuweilen im Pulk auf der linken Seite gen Calberlaher Damm - genau auf dem Streifen, wo die Elterntaxi-Passagiere in die SUVs einsteigen. Fußgänger werden da schon einmal zur Seite geklingelt und bekommen ihr Im-Wege-Stehen auch noch mit einem missbilligenden Kopfschütteln der heranwachsenden Velo-Piloten quittiert.
Ob OHG, Albert-Schweitzer-Schule oder jede andere beliebige Schule in Gifhorn: Es ist überall das gleich Bild, sagt Hoffmann. Er sieht das nicht nur in Bequemlichkeit begründet. Seiner Ansicht nach könnte ein besserer Nahverkehr die Sache entschärfen.
Doch aus eigener Anschauung als Ortsbürgermeister von Neudorf-Platendorf berichtet er über Mängel, die er bei der Bus-Planung ausgemacht habe und kontraproduktiv seien. Beispiel: Morgens fahre ein Gelenkbus der Linie 175 nach Gifhorn, da passten alle Schüler rein. Doch mittags fahre zum Schulschluss nur ein normaler Bus zurück, und Kinder blieben stehen. Folge: Die Eltern organisierten dann doch wieder Mutti-Taxis.