Nach Abzug aller Kosten blieben ihm lediglich 130 Euro im Monat über. „Ich habe aber nicht die Eitelkeit abgelegt, um zur Tafel zu gehen“, sagt er beschämt. Daher geht er sparsam mit seinem Geld um und versucht, mit Eintöpfen und Dosengerichten über die Runden zu kommen.
„Ich bedanke mich jeden Morgen beim lieben Gott für jeden Tag, den ich erleben darf“, sagt Helmut Künz. Trotz seiner Krebserkrankung blickt der 80-Jährige optimistisch auf das Leben. „Ich bin zu unternehmungslustig für mein Alter und leider allein.“
Neben dem Modehaus Becker sitzen zwei junge Menschen mit Hund auf einer Decke. Marvin Busch ist 29 Jahre alt, seine Partnerin Selina Mora neun Jahre jünger als er. Husky-Hündin Skyra macht die kleine Familie komplett. Er lebt seit einem Jahr auf der Straße, sie schon seit drei Jahren. „Ich habe meine Wohnung verloren, als ich mit meiner schwangeren Ex-Freundin zusammenziehen wollte“, erzählt der 29-Jährige. Denn der Wohnungsgeberbescheid sah das Mietverhältnis lediglich für zwei Personen vor. „Das führte zu vielen Streitigkeiten und letztendlich zur Trennung“, erzählt Busch.
Kurze Zeit konnte er bei seiner Mutter unterkommen, doch das hielt er nicht lange aus. „Sie machte mir Vorschriften.“ Drei Wohnungsangebote musste er ablehnen, weil seine Hündin nicht hätte mitziehen dürfen. „Meinen Hund würde ich niemals abgeben“, betont Busch. Ursprünglich kommt er aus Osnabrück. Gemeinsam mit seiner Freundin soll er nun in einer Diakonie-Station in Kästorf unterkommen.
„Ich möchte wieder auf die Beine kommen und arbeiten gehen“, sagt er. Eine ähnlich schwere Zeit hat auch seine Partnerin durchmachen müssen. Selina Mora wurde mit 17 Jahren Mutter. „Mein Vater brach den Kontakt ab, als ich 18 Jahre alt war“, erzählt sie. Ihre eigene Mutter würde sie aufnehmen, wohne aber selbst nur in einer 1-Zimmer-Wohnung.
Ihre Ausbildung zur LKW-Fahrerin konnte sie nicht abschließen. „Zum Dienstende gegen drei Uhren fuhren keine Züge nach Hause“, erzählt sie, „Trotzdem bin ich stolz darauf, es gemacht zu haben.“ Ihr dreijähriger Sohn lebt bei einer Pflegefamilie. Finanzielle Unterstützung vom Staat zu beantragen, sei ohne postalische Adresse schwierig. Trotz der vielen Schwierigkeiten hören sie nicht auf, zu träumen. „Ein Bauernhof mit vielen Tieren wäre schön“, sagt Marvin Busch. Seine Freundin nickt zustimmend.
Bedürftigen Menschen wie Helmut Künz, Selina Mora und Marvin Busch möchten die Ehrenamtlichen der Gifhorner Kirche im Brauhaus Wertschätzung entgegenbringen. „Wir möchten in einer Stadt leben, in der die Menschen gesehen werden“, beschreibt Jule Schön, Organisatorin des Hope Days. Die Teilnahme beschreibt sie als „überwältigend“. Insgesamt haben sich rund 160 Menschen für die Veranstaltung angemeldet.
Sie sind an neun verschiedenen Orten in Gifhorn aktiv, so beispielsweise am Mühlenmuseum, am Schlosssee oder Katzenberg. Einige von ihnen betreuen eine Kinderaktion mit Hüpfburg und Luftballons, andere beseitigen Vandalismus-Spuren und wieder andere beschenken Menschen aus systemrelevanten Berufen mit Schokolade und Postkarten.
Jule Schön gehört zu der Gruppe, die sich um die bedürftigen Menschen in der Gifhorner Innenstadt kümmert. „Wir möchten den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern“, erzählt die 35-Jährige, die gemeinsam mit Kristina Schmalz die Veranstaltung ins Leben rief. Bei der Begegnung mit Helmut Künz ist ihnen das in jedem Fall gelungen. „Gespräche mit netten Leuten motivieren mich“, sagt dieser dankbar .
Nach der erfolgreichen Erstauflage denkt die Organisatorin über eine Fortsetzung im Spätsommer/Herbst nach.