So mancher Radausflügler spart sich südlich von Wahrenholz zwei bis drei Kilometer auf der Kreisstraße 103, wenn er stattdessen den Weg Klein England neben der Bahnstrecke nimmt. Vom Ort kommend ein Schwenk nach rechts über den Bahnübergang, ein paar Hundert Meter weiter radeln - schon ist man auf der K103 oder eben umgekehrt. Lange ist das wohl nicht mehr möglich. Die Deutsche Bahn will den Übergang, der nur mit Andreaskreuzen gesichert ist, dicht machen, sagt Pieper.
Wahrenholz' Bürgermeister befasst sich seit mehr als zweieinhalb Jahren mit dem Thema. Es gab zwei Optionen. Eine wäre eine Umlaufsperre. Dann wäre der Übergang nur noch für Fußgänger und Radfahrer passierbar. Doch die sind eben nicht die einzigen, die ihn nutzen. Den Landwirten wäre damit nicht geholfen.
Betroffen wäre zum Beispiel Schäfer Christian Paulus, der südlich des Bahnübergangs und östlich der Bahn seinen Stall hat. Gerade in der Lammzeit muss der Neudorf-Platendorfer mehrmals täglich dorthin. Ohne den Bahnübergang müsste er erst bis nach Wahrenholz und von dort auf der anderen Seite der Bahn zurück zu seinem Stall - und umgekehrt. Pieper hat ausgerechnet: 8,6 Kilometer Umweg pro Tour. Paulus käme nach eigener Berechnung jährlich auf 8.000 Kilometer zusätzlich.
Die Gemeinde hat sich laut Pieper nun mit der Bahn auf eine zweite Option geeinigt. Die Verlängerung des Weges Klein England endet am Schafstall praktisch als Sackgasse. Das soll dann der Vergangenheit angehören. Von dort aus soll die Bahn den Weg mit wassergebundener Decke bis zur Kreisstraße 103 östlich des dortigen beschrankten Bahnübergangs auf rund 600 Metern weiterbauen - als Alternative sowohl für die Landwirte, als auch für die Radler, die es von dort aus dann nicht mehr weit zum straßenbegleitenden Radweg entlang der K31 nach Neudorf-Platendorf hätten, sagt Pieper. Außerdem sei die Route im Bereich des Schafstalls für Radwanderer viel idyllischer als an der K103.
„Wir waren glücklich, dass sich die Bahn darauf eingelassen hat.“ Und das, obwohl es noch einen Knackpunkt gibt: Der Weg betrifft ein Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebiet. „Die Begutachtung in Sachen Artenschutz ist seit vorigem Jahr im Gange“, sagt Pieper. Die Deutsche Bahn gehe davon aus, dass die Genehmigung noch im Frühjahr vorliege und der Weg noch dieses Jahr gebaut werden könne. „Ihr Wort in Gottes Ohr“, sagt Paulus und fügt für die AZ an: „Ich bin Herrn Pieper in der Sache sehr verbunden.“
Der Wahrenholzer Übergang ist kein Einzelfall. So will die Bahn den umstrittenen und gefährlichen Übergang Triftweg in Isenbüttel 2026 aufheben. Auch dort dürften Landwirte die Leidtragenden sein, für Radler und Fußgänger gibt es eine Unterführung. Lärmgeplagte Anwohner dürften sich dagegen freuen, weil dann das Hupen der Züge wohl vorbei wäre.
Warum tut sich die Bahn den ganzen Aufriss an? Laut Pieper soll die Aufhebung des Bahnübergangs den Erixx beschleunigen, auch mit Blick auf einen geplanten Halt in Isenbüttel. Der Zug könne dann schneller fahren. Doch auch Sicherheitsaspekte dürften eine Rolle spielen.
Im vorigen Jahr forderte das Unternehmen Erixx, das den Personenverkehr betreibt, von der Deutschen Bahn als Inhaberin der Strecke die Aufhebung von ungesicherten Bahnübergängen. Anlass war ein schwerer Unfall südlich von Meine: Ein Autofahrer war verbotswidrig von der B4 auf einen einmündenden Feldweg abgebogen und hatte den auf der parallel verlaufenden Strecke von hinten kommenden Zug übersehen. Das war nicht der einzige schwere Unfall an der Stelle und auf der Strecke überhaupt.
Gerade auch der Triftweg bei Isenbüttel ist eine berüchtigte Stelle. Ihn hat die Bahn schon länger auf dem Kieker, auch weil im September 2019 eine junge Mutter bei einem Unfall ums Leben kam und ihr dreijähriges Kind lebensgefährlich verletzt wurde.
Doch ausgerechnet bei den anderen unfallträchtigen Übergängen ohne Sicherung an jenen Feldwegen südlich von Meine, wo das Einfahrtverbot von der B4 aus immer wieder missachtet wird, und jener berüchtigte Übergang des Gemeindeverbindungswegs zwischen Eutzen und Glüsingen soll sich erst einmal nichts ändern. Eine Bahnsprecherin zu Eutzen: „Die Sicherung entspricht unseren Regelwerken und dem dort erfassten Verkehrsaufkommen.“