Eine, die es besonders hart getroffen hat, ist Klaudia Meyer. Erst verschwand Katze Merle am 2. Juli spurlos, kam nach einem nicht unüblichen nächtlichen Ausflug rund ums Haus nicht wieder. „Normal steht sie am nächsten Morgen immer an der Terrassentür, weil sie Futter möchte.“ Die grau-getigerte Merle kam jedoch nicht - auch nicht an den Folgetagen. „Wir sind immer wieder in der Feldmark gewesen, haben gerufen, sie gesucht - nichts“. Ebenfalls seit gut zwei Jahren lebt Kater Spotty bei Familie Meyer. Doch seit 31. August ist auch er nicht mehr auffindbar. Nachts um drei Uhr habe er nach draußen gewollt - „das ist nichts Neues gewesen. Normal kam er am Morgen um acht Uhr zurück“. Spotty sei sehr scheu, sogar gegenüber Verwandten. Dass er sich einfach habe einfangen lassen, glaubt Klaudia Meyer nicht.
Was sie von den anderen Vermisstenfällen mitbekommen hat, sei „mysteriös“. Auch diese Katzen seien nachts abhanden gekommen. „Was passiert denn da mitten in der Nacht?“, rätselt sie. Und dass sogar noch mehr Tiere weg sind, könne auch sein. „Ältere nutzen ja eher weniger WhatsApp oder Facebook, um das zu melden.“
Klar, eine Sache für die örtliche Politik sind die mysteriösen Fälle nicht. Aber als Gemeinderatsmitglied möchte Vanessa Usemann den Betroffenen helfen. „Diese Häufung ist schon sehr auffällig.“ Auch sie hat immer noch Hoffnung, dass die Tiere aufgefunden werden. Alle seien gechipt. Werden sie gefunden, können sie auch wieder zurück zu den rechtmäßigen Eigentümern. Auch hofft Vanessa Usemann auf die Chance, jemand hat verdächtige Beobachtungen im Mühlenweg gemacht, die in Zusammenhang mit dem Verschwinden der Tiere stehen.
Sollte jemand fremde Katzen einfangen und sie mit nach Hause genommen haben? Diese Variante zieht Klaudia Meyer bei all ihren Überlegungen auch in Betracht. Das würde bedeuten, „Merle“ und „Spotty“ würden noch leben. Vielleicht sei irgendwo jemandem aufgefallen, dass in der Nachbarschaft plötzlich verdächtig viele Katzen gehalten werden. Für den Fall fehlt nur noch der entscheidende Tipp an die Osloßer, die ihre Vierbeiner schmerzlich vermissen. „Das ist meine letzte Hoffnung, dass es so kommt und sie zurückkehren.“ Immerhin: Wohin die Katzen wirklich gehören, ist beim Auffinden unstrittig - vier der aktuell vermissten Osloßer Katzen sind gechipt und beim Tier-Suchdienst Tasso registriert.
In Osloß sind derzeit 135 Katzen bei Tasso registriert, teilt Pressesprecherin Sonja Slezacek auf Anfrage mit. Im laufenden Jahr seien in Osloß vier Katzen als vermisst gemeldet, eine sei gefunden und zurück an den Besitzer vermittelt worden. Im Vergleichszeitraum vor einem Jahr wurden ebenfalls vier Katzen bei Tasso vermisst gemeldet, zwei kehrten zurück. Für die Jahre 2022 und 2021 sei in demselben Zeitraum jeweils nur eine Katze als neu vermisst verzeichnet. „Auffällig ist die jetzige Steigerung also nicht“, so die Pressesprecherin.
Wenn auf so engem Raum wie im Mühlenweg aber in relativ kurzer Zeit mehrere Tiere verschwinden würden, liege für die Betroffenen der Verdacht nahe, dass da etwas nicht stimmt. Dafür hat die Tasso-Expertin Verständnis. Sie warnt allerdings vor allzu schnellen Schlüssen: „Ganz so selten ist solch ein Phänomen nicht, dass in einer Straße mehrere Katzen weg sind. Und die Gründe können vielfältig sein.“ Tierhasser, Tierhändler, unfreiwillige Mitnahme in einen Lieferwagen, in den die Tiere gesprungen sind, oder wirklich einfach nur Wanderschaft - belegbar sei keine Theorie, auszuschließen jedoch keine der Vermutungen.
Katzen würden übrigens deutlich häufiger als Hunde verschwinden. In vielen Fällen sei gar nicht bekannt, warum und wie Katzen verschwinden beziehungsweise wo sie waren, wenn sie plötzlich wiedergefunden werden oder von alleine auftauchen. Möglich sei auch, dass Katzen fremde Gärten aufsuchen und es sich dort gut gehen lassen. Daher sei es wichtig, dass Tierfreundinnen und -freunde sie nicht einfach behalten, sondern versuchen, herauszufinden, ob die Tiere einen Halter oder eine Halterin haben. Grundsätzlich sei die Kennzeichnung des eigenen Heimtieres mit einem Transponder und die Registrierung in einem Heimtierregister wie dem von Tasso äußerst wichtig. Dadurch könnten entlaufene Tiere wieder eindeutig ihren Halterinnen und Halter zugeordnet werden. Das funktioniere sogar nach vielen Jahren noch zuverlässig. Ausgeschlossen sei also keinesfalls, dass die Osloßer Katzen wieder wohlbehalten zurück nach Hause gelangen.