Neun Stunden und vier Minuten – so viel Zeit verbringen Frauen im Schnitt pro Woche mehr mit unbezahlter Arbeit als Männer. Während Frauen im Schnitt 29 Stunden und 47 Minuten für Haushalt und Kinder aufbringen, sind es bei Männern nur 20 Stunden und 43 Minuten. Auf diese Ergebnisse kommt das Statistische Bundesamt in seiner Zeitverwendungserhebung für das Jahr 2022, eine Studie, die seit 1992 alle zehn Jahre erhoben wird und die aufschlüsseln soll, wie viel Zeit die Deutschen pro Tag für verschiedene Aktivitäten wie Schlaf, Erwerbstätigkeit, Sorgearbeit, Freizeit und Mahlzeiten-Zubereitung verbringen. Das Statistische Bundesamt stellte seine Ergebnisse kürzlich in Berlin vor.
Insgesamt ist die Zeit, die Frauen und Männer wöchentlich mit Arbeit verbringen – gemeint ist sowohl Erwerbsarbeit als auch unbezahlte Sorgearbeit –, um eine halbe Stunde gesunken. Bei den Männern ist die Gesamtarbeitszeit stärker zurückgegangen als bei Frauen, nämlich um 42 Minuten. Dabei ist die Zeit für den Job im Schnitt um zwei Stunden gesunken und der Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit um fast eineinhalb Stunden gestiegen. Bei Frauen ist die Gesamtarbeitszeit um 20 Minuten gesunken. Die Zeit für Lohnarbeit hat um 39 Minuten abgenommen, die Zeit für unbezahlte Sorgearbeit ist hingegen um 18 Minuten gestiegen. Für die meisten Haushaltsaktivitäten – kochen, putzen, Wäsche waschen – nehmen sich Frauen laut Studie mehr Zeit als Männer. Männer sind nur in den Bereichen Gartenarbeit und Reparaturen länger beschäftigt.
Besonders deutlich wird das Gefälle bei Müttern und Vätern. Während Väter pro Woche 14 Stunden mehr im Job arbeiten, bringen Mütter 14 Stunden mehr mit Haushalt und Kindern zu. Insgesamt sind Eltern im Schnitt elf Stunden mehr mit Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit beschäftigt als Alleinlebende ohne Kinder. Die Gesamtarbeitszeit von Kinderlosen liegt bei 46 Stunden pro Woche, bei Müttern und Vätern jeweils bei 57 Stunden. Frauen ohne Kinder sind im Schnitt 4,5 Stunden weniger erwerbstätig als Frauen mit Kindern.
Die ungleiche Arbeitsaufteilung sorgt dafür, dass Frauen weiterhin weniger verdienen als Männer und sich von ihnen finanziell abhängig machen. Bettina Kohlrausch, Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, hat dazu klare Forderungen: „Es braucht eine doppelte Umverteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Geschlechtern: Erwerbsarbeitszeit muss von Männern zu Frauen umverteilt werden, um Vätern zeitliche Spielräume für mehr Sorgearbeit zu öffnen, und gleichzeitig sollte Sorgearbeit von Frauen zu Männern verteilt werden.“ Dieser Wunsch wird auch in der Studie deutlich: Ein Viertel aller Frauen hätte gern mehr Zeit für ihren Beruf, und ein Viertel aller Männer würde gern weniger im Job arbeiten.
Zum ersten Mal sollten die an der Studie Teilnehmenden auch angeben, wie oft sie sich einsam fühlen. Danach fühlt sich im Schnitt jede sechste Person (16 Prozent) oft einsam. Einen besonders großen Einfluss hat der Haushaltskontext: Alleinerziehende (40 Prozent) und Alleinlebende (26 Prozent) gaben am häufigsten an, sich einsam zu fühlen. Zudem fühlen sich Frauen häufiger einsam als Männer – wobei Männer dazu neigen, solche Gefühle zu unterdrücken.
Unter den verschiedenen Altersgruppen sind junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren am stärksten betroffen. Jeder vierte von ihnen fühlt sich regelmäßig einsam. Unter älteren Menschen nannte hingegen nur jede zehnte Person ein Gefühl von Einsamkeit.