Der Vorschlag des Verteidigungsministers sieht vor, dass künftig alle 18-jährigen Männer eines Jahrgangs verpflichtet werden, Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Dienst abzugeben. So sollen aus 400.000 Kandidaten pro Jahr 5.000 Menschen für einen mindestens sechsmonatigen Dienst rekrutiert werden. „Bei der aktuellen politischen Lage, wie zum Beispiel in der Ukraine, wird es immer wichtiger, die Anzahl der Soldaten zu erhöhen. Dann muss sich Deutschland im Ernstfall nicht auf andere Länder verlassen“, sagt der 17-Jährige Leon und ergänzt: „Wenn es dann aber so kommt, weiß ich nicht, ob ich in den Krieg gehen will.“
Fakt ist, dass die Bundeswehr Personalmangel hat. Statt den rund 181.000 Soldaten sollte die Zahl der Männer und Frauen bei der Bundeswehr deutlich höher sein. Im Verteidigungsausschuss soll von 460.000 Soldaten gesprochen worden sein. „Die Debatte um die Pläne zum Wehrdienst hat aus meiner Sicht Vor- und Nachteile. Ich denke, es ist gut, eine Grundausbildung zu haben“, sagt Leon. Die Zeit bei der Bundeswehr soll zunächst auf einen sechsmonatigen Dienst begrenzt sein. „Leider ist man dann nur am Wochenende zu Hause. Dazu habe ich Sorge, wie es im Anschluss mit einer möglichen Ausbildung weitergeht“, sagt der 18-jährige Schüler Collin.
Die Beantwortung des Fragebogens soll für junge Männer verpflichtend sein. Frauen hätten demnach die Wahl, ob sie die Nachfrage zu einem sechsmonatigen Dienst bei der Bundeswehr beantworten. Das liegt am Artikel 12a des Grundgesetzes. „Ich finde es gut, dass uns die Wahl gelassen wird. Aber es ist auch komisch zu sehen, dass die Mitschüler dann zur Antwort verpflichtet sind“, sagt die 18-jährige Schülerin Celine. Sollte der Fragebogen nicht den gewünschten Erfolg mit 5.000 Rekruten pro Jahr erreichen, stehe nach Darstellung von Verteidigungsminister Pistorius auch eine verpflichtende Option zur Debatte.
Bei dem modernisierten Wehrdienst zeichnet sich ein Generationskonflikt ab. Rund die Hälfte der Bundesbürger war einer Forsa-Umfrage im März zufolge für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Der „Stern“ hatte die Umfrage in Auftrag gegeben. Die meiste Zustimmung für die Wehrpflicht soll es in der Altersgruppe über 60 Jahren gegeben haben. Bei den 18- bis 29-Jährigen sprachen sich 59 Prozent gegen einen Pflichtdienst beim deutschen Militär aus. „Es ist eben so, dass Menschen aus der älteren Generation diese Meinung haben. Es ist aber unfair, über einen Wehrdienst für junge Menschen zu entscheiden, ohne unsere Meinung einzuholen“, sagt Jakob, Wolfsburger Fachinformatikschüler im ersten Lehrjahr.
Insgesamt sollen 52 Prozent der Befragten der Forsa-Umfrage für einen verpflichtenden Dienst bei der Bundeswehr gewesen sein. 43 Prozent äußerten sich dagegen, fünf Prozent hatten keine Meinung zu einer Wiedereinführung der Wehrpflicht. Unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) war die Wehrpflicht in Deutschland im Juli 2011 ausgesetzt worden. Abgeschafft ist die Wehrpflicht nicht, dennoch bedeutete die Entscheidung nach 55 Jahren das zwischenzeitliche Ende des Wehr- und Zivildienstes. Alle nötigen Strukturen wurden im Vorfeld aufgelöst, obwohl die Wehrpflicht im Spannungs- und Verteidigungsfall wieder auflebt. Um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken, soll die Bundeswehr an Rekruten gewinnen. Die Frage, ob die aktuellen Vorstellungen für den geforderten Zuwachs ausreichen, bleibt zunächst offen. Der Plan des Verteidigungsministers muss erst durch ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden.