Viele historische Hintergründe, die Wolfsburgs Oberbürgermeister Dennis Weilmann in seiner Ansprache nannte, waren, wie man vernehmen konnte, vielen Besuchern nicht bekannt. Zwei Jahre nach der ersten deutsch-deutschen Städtepartnerschaft zwischen Eisenhüttenstadt und Saarlouis wurde 1988 Wolfsburgs Wunsch, eine Partnerschaft mit Halberstadt anzustreben, offiziell und wurde auch von der Leitung des Volkswagenwerks unterstützt. Wie Weilmann hervorhebt, war Halberstadt der Wunschort wegen der geschichtlichen Verbundenheit des Wolfsburger Raums mit dieser Stadt seit Jahrhunderten.
Über alle Schwierigkeiten hinweg war die Vertragsunterzeichnung ein markantes Ereignis, das sich durch den kurze Zeit später erfolgten Fall der Mauer für Wolfsburg zu einem besonderen Wendepunkt entwickelte. Lag Wolfsburg durch die Teilung noch an der Grenze, so rückte jetzt die Stadt „in die Mitte Deutschlands mit einer hervorragenden Infrastruktur“.
Durch den kulturellen Austausch, private Verbindungen und regelmäßig gegenseitige Besuche beider Stadträte sind die Beziehungen stetig gewachsen. Weilmann unterstreicht, dass die Partnerschaft „wichtig für die Einheit Deutschlands und die EU“ ist. Er und sein Amtskollege aus Halberstadt, Oberbürgermeister Daniel Szarata, sind sich einig, dass die Bedeutung der Städtepartnerschaft „in der gegenwärtigen politischen Zeit besonders wichtig“ ist.
Zwei Talkrunden kamen auf der Bühne zusammen. Die Oberbürgermeister Dennis Weilmann und Daniel Szarata, der ehemalige Oberbürgermeister Professor Rolf Schnellecke und der frühere Ministerpräsident Sachsen-Anhalts (1990-1991), Gerd Gies, befassten sich aus unterschiedlicher Sichtweise mit dem Städtepartnerschaftsjubiläum.
An die Situation nach der Wiedervereinigung erinnert Gies mit den Worten: „Aufbruch zu neuen Ufern, in Freiheit zu wirtschaftlichem Aufschwung.“ Anschaulich beschreibt er die Situation, die heute kaum noch nachvollziehbar ist: „Es gab noch keine Kommunen und auch keine Kommunalverfassung.“ Die Kandidaten, die bei den ersten Kommunalwahlen antraten, „wussten nicht, worauf sie sich einlassen. Improvisation war gefragt. Es gab noch keinen Landesrechnungshof. Handwerker wussten nicht, wie mache ich eine Ausschreibung?“
Bereits hier wirkte sich der Vorteil der Partnerschaft aus: Im Austausch mit Wolfsburg wurde eine Verwaltungsstruktur aufgebaut. Der Abriss der zum Teil verfallenen Fachwerkbauten konnte gestoppt werden. „Heute ist Halberstadt eine Vorzeigestadt mit vorbildlicher Infrastruktur“, betont Schnellecke.
In einer zweiten Talkrunde diskutierten Oberbürgermeister Dennis Weilmann, Hauke Stars (IT-Vorständin der Volkswagen-AG) sowie Daniela Cavallo (Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrates) über das Thema „Wir in Wolfsburg“. Daniela Cavallo bezeichnet Wolfsburg als „weltoffene, tolerante Stadt, als Vorzeigestadt für Integration. Ihre Gründung zur NS-Zeit hat sie nie ausgeblendet.“ Sie hebt die „Erinnerungskultur“ hervor.
Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit für die Arbeitswelt sind zwar die technologischen Entwicklungen und die KI – Hauke Stars zeigt sich aber optimistisch, dass die Transformation von VW gelingen wird.
Am Ende gibt es dann noch einen Austausch von Geschenken. Szarata hat als Erinnerung an die Hansezeit von Halberstadt einen „Roland“ in 3D-Druck mitgebracht, er bekommt ein „Kunstwerk“, das mit Papierstreifen präpariert ist, und das gemeinsam entworfene Emblem freilegt, wenn die abgeklebten Stellen „mühsam“ entfernt werden.