Mieterinnen und Mieter müssen mit erheblich höheren Heizkosten rechnen, wenn ihnen die Nebenkostenabrechnung für 2023 zugestellt wird. Aus Hochrechnungen des Immobiliendienstleisters Ista, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen, geht hervor, dass ein Allzeithoch erreicht werden könnte. Hauptursache ist ein Verzögerungseffekt: Die extrem hohen Kosten für den Einkauf der Brennstoffe insbesondere im Jahr 2022 machen sich erst mit Verspätung bemerkbar.
Ista ist einer der Dienstleister, die im Auftrag der Vermieter die Heizkostenabrechnungen machen. Diese werden auch für 2023 zwischen Mai und Dezember erstellt. Das Unternehmen hat bereits die ersten 800.000 Abrechnungen abgewickelt und einen eindeutigen Trend ausgemacht: Im Vergleich zu 2022 stiegen die Kosten je Kilowattstunde für Fernwärme im Schnitt um rund 7 Prozent. Erheblich heftiger fallen die Aufschläge mit 34 Prozent bei Öl und 44 Prozent bei Erdgas aus.
So muss für eine 70 Quadratmeter große Wohnung, die mit Gas oder Fernwärme beheizt wird, nach Ista-Berechnungen mit Heizkosten von mehr als 800 Euro gerechnet werden. Bei unsanierten Altbauten könne es durchaus auch in den vierstelligen Bereich gehen. Bei Ölheizungen würden für die 70 Quadratmeter durchschnittlich um die 1.100 Euro fällig. Wurden die Abschlagszahlungen nicht angepasst, werden entsprechende Nachzahlungen fällig.
Zwar haben Verbraucherportale in den vergangenen Monaten beständig eine Entspannung bei den Heizkosten signalisiert, aber das bezieht sich immer auf Neuverträge. Der Durchschnitt der tatsächlich abgerechneten Kosten werde damit nicht widergespiegelt, erklärt Ista-Chef Hagen Lessing: „Die aktuellen Preisniveaus kommen mit erheblichem Zeitversatz bei den Verbrauchern an.“
Der Hintergrund: Aktuell kostet eine Kilowattstunde Erdgas zur Lieferung im Juni am wichtigsten europäischen Großhandelsplatz (TTF) rund 3,5 Cent. Vor genau zwei Jahren waren es 5,6 Cent. Und vor allem: Zwischendurch kletterte die Notierung wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine zeitweise noch einmal um mehr als das Fünffache. Die Gaspreisbremse glich das nur zum Teil aus. Stadtwerke und andere Versorger mussten in der Hochpreisphase neue Lieferverträge abschließen, die sie quasi als Rucksack noch mitschleppen. Dies bekommen insbesondere Bestandskunden zu spüren – vor allem, wenn die Vermieter sich nicht um einen günstigeren Liefervertrag gekümmert haben.
„Die tatsächlichen Abrechnungsdaten geben leider keinen Anlass zur Entwarnung“, sagt Lessing, im Gegenteil: „Viele Mieterinnen und Mieter werden für die Heizung ihrer Wohnung mehr zahlen als jemals zuvor.“ Das sei keine Schätzung oder Prognose, sondern Ergebnis der bisher ausgewerteten 800.000 Abrechnungen für das vergangene Jahr. Lessing warnt vor bösen Überraschungen, weil die Kostensteigerungen und die Erwartungen der Verbraucher extrem auseinanderliefen. So hat eine repräsentative YouGov-Umfrage im Ista-Auftrag ergeben, dass rund zwei Drittel der Befragten nicht mit steigenden, sondern mit sinkenden oder zumindest stabilen Kosten rechnen.
Auch der langfristige Trend sieht bei Erdgas- und Heizölkosten nicht erfreulich aus. Aus einer Erhebung der Vergleichsplattform Check24 geht hervor, dass Gaskunden im Vergleich zum April 2021 aktuell 84 Prozent mehr zahlen. Etwas weniger heftig fiel die Steigerung beim Heizöl aus.
Neben dem Ukraine-Krieg bringen die politisch gesetzten CO2-Preise Aufschläge: 2021 waren es 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid, heute sind es 45 Euro. Rechnerisch sind damit die jährlichen CO2-Kosten in den drei Jahren von 108 auf 194 Euro gestiegen. Dieser Posten wird nach Check24-Berechnungen auf rund 280 Euro steigen, wenn die Bundesregierung wie geplant die CO2-Preise erhöht. Beim Heizöl würde dieser Posten im Musterhaushalt von derzeit 287 Euro sogar auf 414 Euro steigen.