Katrin Fuchs liebt Pflanzen. Das wird bei einem Ortsbesuch bei der 58-Jährigen deutlich: Vor der Hauswand unter ihrem Küchenfenster stehen Kräuter und Sonnenblumen. Auch eine Tomate fühlt sich an der von der Sommersonne gewärmten Hauswand offenbar wohl. Doch nicht nur auf der östlich gelegenen Haus-Vorderseite, auch auf dem Balkon im Westen und in der Wohnung stehen viele Pflanzen. Auf den Balkon fällt allerdings in den Morgen- und Mittagsstunden kein Sonnenlicht.
„Das ist auch der Grund, weshalb die Töpfe vor dem Haus stehen, auf dem Balkon bekommen sie nur ein paar Stunden Sonne, dafür sind diese Pflanzen nicht gemacht“, sagt Fuchs. Es duftet nach Lavendel – Bienen und Schmetterlinge fliegen die Blüten in den Töpfen vor der Hauswand an. Katrin Fuchs wohnt seit rund drei Jahren im Erdgeschoss. „Die Blumen und Pflanzen sind insektenfreundlich und wurden von mir so ausgesucht“, erzählt sie. Der Gehweg sei breit genug und endet an ihrer Wohnung, darum habe sich der Platz für die Blumen angeboten. Einen Kübel, der sich an einem Fahrradständer befand, hat sie inzwischen weggeräumt. Aber warum sollen jetzt die anderen Töpfe auch weg?
„Viele Menschen in der Nachbarschaft erfreuen sich mit mir an den schönen Blumen, und so kommt man immer wieder nett ins Gespräch. Und auch mir machen Hummeln und Bienen, Schwebfliegen, Holzbiene und Taubenschwänzchen große Freude. Für letztere habe ich extra ein Wandelröschen auf der Fensterbank stehen“, erzählt Katrin Fuchs.
Doch da liegt ein Problem: Nicht allen Nachbarn gefallen offenbar die Töpfe vor der Tür – es gab wohl jemanden, der die Situation beim Vermieter, der VWI, gemeldet hat. Das hatte zur Folge, dass sich VWI mit einem schriftlichen Aushang an die Mieter wandte und um die Entfernung der Blumenkübel vor dem Haus und in den Fensterbänken bat. Sollte dies nicht bis Mitte Juli umgesetzt sein, kündigte VWI eine Entfernung der Töpfe auf Kosten der Mieter an. Das zeigte Wirkung: Zwei Blumenkübel seien laut Fuchs schon von einer Nachbarin weggeräumt worden.
Katrin Fuchs ist enttäuscht, dass die Nachbarn nicht zunächst das Gespräch mit ihr gesucht haben. „Ich fühlte mich übergangen. Aber ich schade doch niemanden, ich habe nur eine Leidenschaft für Blumen“, betont sie. Sie habe die Pflanzen extra aufgrund ihrer insektenfreundlichen Eigenschaft ausgesucht. Deshalb wundere sie sich auch: Es sei doch erwünscht, dass Wolfsburger Bürger einen Beitrag zum Naturschutz und der Artenvielfalt leisteten.
Viele Anwohner am Klieverhagen hätten Katrin Fuchs ihre Freude über die Blumen zum Ausdruck gebracht. „Eine Frau sagte zu mir, sie freue sich deswegen so, weil meine Pflanzen sie an den Garten ihrer Großmutter erinnerten.“ Das Feedback sei nur positiv gewesen, negative Äußerungen habe es ihr persönlich gegenüber gar nicht gegeben.
Dass die Kübel und Töpfe weggeräumt werden sollen, ist keine Schikane, sondern hat einen einfachen Grund. „Die Sicherheit unserer Mieterinnen und Mieter sowie die von Dritten steht für Volkswagen Immobilien an oberster Stelle. Deshalb setzen wir konsequent Maßnahmen um, die dem Brandschutz, der Sicherstellung von Fluchtwegen und der Verkehrssicherungspflicht dienen. Die Beete und Flächen hinter dem Haus wurden in diesem Fall nach einer Prüfung mangels Bedenken aus dieser Regelung ausgenommen“, teilte VWI-Sprecher Julian Misiek auf Anfrage mit.
Aber was ist mit einer insektenfreundlichen Umgebung in Wolfsburg? Volkswagen Immobilien sei sich der Verantwortung für die Umwelt bewusst und fördere aktiv die Biodiversität in den Quartieren, heißt es dazu von Seiten des Vermieters. „Dies tun wir durch die Schaffung von Grünflächen, die Pflanzung heimischer Pflanzenarten und die Einrichtung von Lebensräumen für Insekten und Vögel“, erläutert der VWI-Sprecher. Mieterinnen und Mieter seien darüber hinaus eingeladen, ihre Balkone nach Belieben zu bepflanzen. „Hierfür bieten wir Tipps und Empfehlungen. Unser Ziel ist es, eine sichere und nachhaltige Wohnumgebung zu schaffen, in der sich unsere Mieterinnen und Mieter wohlfühlen und die Natur geschützt wird“, sagt Julian Misiek.