„Die Tiere sehen aus, als seien sie drei bis vier Monate alt. Inzwischen haben wir auch die Bestätigung, dass es sich um Wölfe handelt“, sagt Jagdpächter Michael Hengstmann. Die Fotos waren zum Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft Niedersachsen geschickt worden und prompt folgte die Bestätigung aus Hannover. Auch der Vorsitzende der Wolfsburger Jägerschaft, Ralph Schräder, sagte gegenüber der WAZ, dass es sich um Jungtiere handele, die im April oder Mai auf die Welt gekommen waren. „Das ist eine Sensation für die Stadt Wolfsburg!“, so Schräder.
Die Kameradaten zeigen, dass die Fotos zwischen 7.48 und 9.47 Uhr am Mittwoch entstanden. Auf den Bildern sind nur Jungtiere zu sehen, das heißt, Mutter und Vater (Fähe und Rüde) der „Wolfsfamilie“ sind nicht abgebildet. Sowohl Schräder als auch Hengstmann gehen daher davon aus, dass sich die Wurfhöhle der Wölfe in der Nähe befinden muss. „Sonst würden die Jungtiere sich nicht über zwei Stunden alleine dort aufhalten“, sagt Hengstman.
Ob ein Zusammenhang zwischen den Schafsrissen in Neindorf besteht – dazu könnten zum jetzigen Zeitpunkt noch keine eindeutigen Aussagen getroffen werden. Die DNA-Analyse bei der Landwirtschaftskammer Hannover ist noch nicht abgeschlossen und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Erst kürzlich waren auf einer Wiese bei Neindorf sieben Schafe getötet worden. Ob es sich dabei um Wolfsrisse handelt, wird derzeit überprüft. Gen-Proben wurden am „Tatort“ entnommen und befinden sich in der Analyse.„Wir wollen schauen, ob wir am Ort, wo die Fotos entstanden, noch Kotproben der Welpen finden und diese dann ebenfalls noch zur Landwirtschaftskammer schicken“, so Hengstmann. Dann könnten die verschiedenen Gen-Proben abgeglichen werden und festgestellt werden, ob ein Zusammenhang zum Schafsriss in Neindorf besteht.
Dass sich Wölfe in Wolfsburg aufhalten sei eigentlich nichts Besonderes. „Wir haben hier seit zehn Jahren durchziehende Wölfe. Die Sensation ist, dass wir jetzt ein Rudel haben“, sagt Ralph Schräder. Damit sei die These widerlegt, in der Umgebung von Wolfsburg gebe es nicht die Voraussetzungen für die Ansiedelung eines Rudels. Hervorzuheben sei in diesem Zusammenhang, dass es sich wohl um ein „neues“ Wolfsrudel handele.
Weitere bestätigte Wolfsrudel hielten sich nach Auskunft Schräders in der Nähe von Oebisfelde (Sachsen-Anhalt) und von Ehra-Lessien im Landkreis Gifhorn auf. Für den Vorsitzenden der Wolfsburger Jägerschaft wird daraus noch etwas anderes deutlich: „Die Wölfe geben sich mit einem kleinerem Revier zufrieden, das Nahrungsangebot scheint groß genug zu sein“, sagt Schräder. Vorwiegend stehe Wild auf dem Speiseplan der Raubtiere. Normalerweise werden 250 Quadratkilometer Revier pro Rudel angenommen. Das Revier der Wölfe aus Ehra-Lessien, tangiere mit dem des neuen Rudels. Eine logische Konsequenz also: Die Reviergröße nimmt mit zunehmender Anzahl von Rudeln ab.
Die Fotos der jungen Wölfe wurden in einem Waldstück zwischen Almke und Wolfsburg gemacht. Eine exakte Ortsangabe möchte Ralph Schräder lieber vermeiden. „Wir wollen kein Wolfstourismus und wir möchten auch nicht, dass Spaziergänger unnütz Panik bekommen.“ Angst müssten Menschen aber sowieso nicht vor Wölfen haben.
Dennoch muss sich Wolfsburg jetzt mit dem Thema neu auseinandersetzen. Vor allem dann, wenn sich bestätigen sollte, dass Wölfe tatsächlich für den Riss der Schafe in Neindorf verantwortlich sind. Der Ruf nach einem Wolfsberater wird daher lauter, zumindest in der Jägerschaft ist das schon so. Doch seit 2021 gibt es keinen Wolfsberater in der VW-Stadt mehr. „Die Suche nach jemanden, der dieses Amt übernehmen könnte, ist in der Wolfsburger Jägerschaft angelaufen“, so Schräder. Zu den Aufgaben des Spezialisten gehört neben Beratung und Aufklärung auch die Mitarbeit am Wolfsmonitoring.
Und beim Wolfsmonitoring können auch Bürger mitwirken: Auf der Website wolfsmonitoring.com können Wolfssichtungen gemeldet werden. In der Online-Datenbank kann man auch anonym eine Meldung einreichen. Außerdem gibt es eine Smartphone-App, mit der auch unterwegs die Wolfshinweise eingereicht werden können. Wer Fragen zum Wolfsmonitoring hat, kann auch eine E-Mail an wolf@ljn.de schicken.