Gerhild Wehl aus Ehmen sagte vor der Tour: „Ich habe schon Nagerspuren gesehen und einen Biber live zu sehen, wäre der Höhepunkt“, sagte sie. Michael Kühn, der Naturschutzbeauftragte der Stadt Wolfsburg und Vorsitzender des NABU Wolfsburg, begrüßte die Teilnehmenden um 17 Uhr am Drömlingsstadion in Vorsfelde.
Bei der letzten Wanderung hatten die Teilnehmer einen Biber um 21.30 Uhr gesehen, da begann die Führung später. Deshalb dämpfte Kühn die Erwartungen: „Vermutlich werden wir keinen Biber sehen, aber dafür große Burgen.“ Die Burgen sind die Häuser der Biber. Der Eingang muss immer unter Wasser sein, ansonsten ziehen die Tiere um.
Die erste Burg wurde vor über zehn Jahren in Wolfsburg gefunden. Damals sei es eine Sensation gewesen. Seitdem haben sich die Tiere vermehrt. Aktuell leben zwei Familien rund um den Allersee. Der Biber arbeitet zur Nachtschicht, daher könnte man ihn in der Morgendämmerung zwischen 6 und 8 Uhr sehen. „In rund drei Meter Entfernung auf die Lauer legen, die Biber sehen nämlich nicht besonders gut.“
Einige Teilnehmer wussten bisher nicht, dass viele Biber in Wolfsburg leben. Dabei gibt es am Allersee zahlreiche Spuren wie gefällte Bäume oder abgenagte Hölzer. Der Biber hält keinen Winterschlaf. Für die kalte Jahreszeit hortet er Futter, und zwar im Gewässergrund. „Der Biber kaut das Holz an, wie bei einem Anspitzer, und rammt es dann in den Boden. Bei Bedarf holt er das Futter hervor“, erklärte Kühn. In der Burg ist es auch bei tiefsten Temperaturen immer warm.
Als Michael Kühn auf einer Brücke über der Aller weitere Informationen zum Naturschutz erläuterte, rief eine Teilnehmerin: „Dort ist ein Biber!“ Alle blickten sofort in Richtung Wasser – zu früh gefreut. Ein Nutria schwamm durch das Gewässer. Michael Kühn erzählte, dass viele Menschen die Nutria häufig für einen Biber halten. Die Nutria wurde wegen des Pelzes aus Argentinien nach Europa gebracht. Als die Mode „out“ war, wurden die Tiere einfach ausgesetzt. „Das ist ein riesiges Problem, wenn Pflanzen und Tiere aus anderen Teilen der Erde in den Lebensraum eindringen“, warnt Kühn. An einem Beispiel erläuterte Kühn das Drama: „Der Waschbär klettert auf das Storchennest und frisst die Brut auf, und die Eltern schauen zu, weil sie Waschbären nicht kennen. Das Tier ist nämlich wie die Nutria zu uns gekommen.“ Auch für die Menschen sei der Waschbär eine Plage, weil er auf das Dach klettert, Dachpfannen abnimmt und dann den Dachboden zerstört. „Dazu gab es schon viele Anrufe.“Der Biber sei keine Plage für die Menschen. Er ist auch keine bedrohte Art. Und dass am Allersee zahlreiche Spaziergänger und Fußgänger unterwegs sind, stört die Biber überhaupt nicht. Sobald die Tiere aufwachen, kontrollieren sie die Dämme. Im Graben am östlichen Teil des Allersees haben sie drei gebaut. Die sind relativ einfach zu sehen – trotz des dichten Bewuchses im Sommer. Dann suchten die Teilnehmenden nach der ersten Burg. Das war kniffliger. Zunächst liefen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorbei. Schließlich gab Kühn einen Tipp. Die Burg ist in der Nähe der Hundefreilauffläche am Ostufer und ragt in den Allersee hinein. Durch die Büsche am Ufer ist der Holz-Bau schemenhaft zu erkennen.Auf dem Weg zur zweiten Burg trafen die Teilnehmer auf Elster Lilly, die ursprünglich Elsa hieß. Erst vor einigen Tagen setzte sich das zutrauliche und neugierige Tier auf die Schulter eines Wolfsburgers und klaute einen Kopfhörer. Viele Wolfsburgerinnen und Wolfsburger kennen die Elster. Auch dem NABU ist der Vogel nicht unbekannt. „Heute ist sie ganz ruhig. Vielleicht liegt es am warmen Wetter oder sie hat schon genug erlebt – und geklaut“, sagte Michael Kühn und lächelte.Auf ging’s zur zweiten Biber-Burg. Die liegt am Südufer des Allersees und ist deutlich besser zu sehen. Karin Weigang nahm mit ihrer Enkelin Helen Weigold an dem Spaziergang teil. Die 11-Jährige, die aus Wuppertal kommt, war begeistert: „Es ist schön, so viel über Biber zu erfahren. Ich sehe zum ersten Mal eine Burg. Der Ausflug ist richtig cool.“
Diana Rossi ist mit ihrem Hund häufiger am Allersee, die Biber-Burgen seien ihr vorher noch nicht aufgefallen. „Die Aktion hat mir gut gefallen. Jetzt sehe ich ganz andere Sachen in der Natur“, so Rossi. Gerd Stottmeister aus Reislingen fand den Spaziergang „genial“. Er erzählte auf dem Weg zurück: „Vielleicht lege ich mich auf die Lauer, um einen Biber zu sehen.“