Niedersachsens Biobranche wächst weiterhin. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums konnte im vergangenen Jahr mit insgesamt rund 154.000 Hektar ein Flächenzuwachs von 6000 Hektar ökologisch bewirtschafteter Fläche im Vergleich zu 2022 verzeichnet werden. Entgegen dem Trend gab es in Niedersachsen 2023 auch mehr Biohöfe als im Vorjahr. Das Ministerium verzeichnete ein Plus von 41 auf 2646. Bundesweit war die Zahl der Biohöfe trotz steigender Bewirtschaftungsfläche erstmals leicht gesunken – um 182 auf 36.680.
„Obwohl die letzte Zeit für die Biobranche nicht einfach war, stellen mehr unserer Landwirtinnen und Landwirte ihren Betrieb von konventionell auf bio um. Das ist eine gute Nachricht“, sagte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) der Redaktion. In den nächsten Jahren stünden viele Hofübergaben von Biopionieren an, bei denen die Nachfolge noch offen sei. „Die wieder steigende Nachfrage nach Biolebensmitteln bietet langfristig eine stabile Zukunftsperspektive“, sagte Staudte. Die Unabhängigkeit der Ökolandwirtschaft von teuren Mineraldüngerimporten dürfe auch nicht unterschätzt werden.
Niedersachsen belegt deutschlandweit nach Bayern und Baden-Württemberg Platz drei bei der Anzahl der ökologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetriebe. Neben der ökologischen Landwirtschaft hätten sich auch die übrigen Unternehmensbereiche in der Biobranche ungeachtet der schwierigen Rahmenbedingungen insgesamt positiv entwickelt, so das Ministerium.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine im März 2022 hatte auch zur Folge, dass der Biomarkt Achterbahn fuhr. Absätze stagnierten, Erzeugerpreise gingen zurück, und Biohöfe konnten die hohen Kosten zum Beispiel für Energie nicht kompensieren. Inzwischen hat sich die Situation wieder entspannt. Nach Zahlen der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) aus Bonn gaben die Verbraucher in Deutschland 2023 insgesamt über 16 Milliarden Euro und damit wieder 5 Prozent mehr Geld für Biolebensmittel und -getränke aus. Gegenüber 2019 bedeute das einen Zuwachs des Biomarktes um 31 Prozent.
„Der Importanteil an Ökoprodukten ist aber immer noch sehr hoch“, sagte Staudte. Selbst bei traditionellen, heimischen Produkten wie Äpfeln, Möhren oder Kartoffeln betrage der Importanteil bei Bioprodukten rund 30 Prozent. Die Grünen-Politikerin wünscht sich, dass beim Einkauf neben Bioqualität deshalb auch immer auf Regionalität und bei Obst und Gemüse auf Saisonalität geachtet werde. „Um den Absatz in der Gemeinschaftsverpflegung zu erhöhen, arbeiten wir an einem niedersächsischen Biosiegel.“ Ziel der Landesregierung ist es zudem, dass landwirtschaftliche Betriebe mehr an der Wertschöpfungskette ihrer Produkte teilhaben könnten. „Dies wollen wir mit gezielten Förderprogrammen voranbringen“, sagte Staudte. Die CDU im Landtag lehnt ein weiteres Ökosiegel ab. Darauf warte niemand in der Biobranche.
Laut Bundesagrarministerium liegt der Bioanteil an der gesamten Landwirtschaftsfläche in Deutschland bei 11,4 Prozent. Der Ökolandbau sei weniger stark vom Strukturwandel betroffen als die Landwirtschaft allgemein. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es demnach, den Bioanteil bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten Agrarfläche auszuweiten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Agrarministerium, Ophelia Nick (Grüne), sagte, ein Umstieg auf den Ökobetrieb biete vielen Höfen und Verarbeitern eine Alternative mit Zukunft. „Mit bio bleiben die Höfe und Lebensmittelhersteller in den Dörfern. Das sichert wertvolle Arbeitsplätze.“