„Auch in Peiner Praxen kommt das vor“, bestätigt Dr. Christian Pabst, Sprecher des Peiner Ärztevereins. Man müsse aber klar zwischen Hausärzten und Fachärzten wie Kardiologen oder Psychologen unterscheiden. „Wenn bei einem Spezialisten ein Termin für eine zeitintensive Untersuchung oder Behandlung nicht eingehalten wird, entstehen da zum Teil große, ungenutzte Lücken“, erklärt Pabst. „Bei Hausärzten hingegen würden solche Lücken kaum auffallen, da diese in der Regel sofort mit Akutpatienten aufgefüllt werden könnten.
Ausfallgebühren hält Pabst für „rechtlich schwierig“. Er wisse aber von Praxen, die Ausfallgebühren berechneten, wenn ein Patient etwa nicht zu einem Termin für ein Langzeit-EKG erscheine. Schließlich stehe ein nicht genutztes Gerät anderen Patienten nicht zur Verfügung. „Die Auslastung ist in allen Bereichen der Medizin hoch und die Ressourcen begrenzt“, sagt Pabst. Es gehe darum, Patienten zu disziplinieren.
Ein kurioser Fall zeigt allerdings, dass auch in den Praxen nicht immer alles rund läuft: Sein Team habe für einen Patienten einen zuvor vereinbarten Termin in einer Facharztpraxis absagen müssen. Der betroffene Patient habe dann trotzdem eine Terminausfallgebühr von 40 Euro in Rechnung gestellt bekommen – weil die Absage in der Facharztpraxis schlichtweg untergegangen sei.
Strafzahlungen für nicht wahrgenommene Termine habe er noch nie erwogen, sagt Dr. Klaus-Achim Ehlers, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Gifhorn. „In unserer Hausarztpraxis kommt das zum Glück sehr selten vor“, sagt er. Bei Fachärzten sei das Problem ausgeprägter. „Da sind Ausfälle ein großes Ärgernis, weil man weiß, dass andere Menschen Schlange stehen.“ Solche Termine nicht abzusagen, sei also unfair anderen Behandlungsbedürftigen gegenüber. Es gehe bei Strafzahlungen also um erzieherische Maßnahmen. „So ein Termin ist wertvoll und sollte darum auch wahrgenommen werden.“
Dennoch seien Strafzahlungen unter Kollegen kein heißes Thema. „Da haben wir andere Probleme“, sagt Ehlers und nennt das E-Rezept, die Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowie zu viel Bürokratie als Beispiele.
„Das ist weder durchsetzbar noch umsetzbar“, sagt zu Strafzahlungen Christian Bekermann, der Wolfsburger Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung. Das Problem sei hingegen die Tatsache, dass Patienten Monate auf einen Termin beim Facharzt warten müssten. „Das vergisst man dann schon mal.“ Für die Hausärzte seien vergessene Termine weniger ein Problem. „Wir können uns vor unangekündigten Terminen gar nicht retten.“
Wie hoch die Quote verstrichener Termine bei den Patienten ist, dazu kann die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen keine Zahlen liefern. Die Sprecherin des Ärztevereins Wolfsburg, Elisabeth M. Roeder-Riemke, berichtet aus Gesprächen mit einer Facharztpraxis über eine Quote von 5 bis 7 Prozent. „Trotz Benachrichtigung per SMS.“ Für Fachärzte bedeuteten nicht genutzte Termine Verluste, weil Geräte und Personal für Behandlungen vorgehalten werden müsse. In ihrer eigenen Praxis schätzt sie die Quote nicht abgesagter Termine auf 3 bis 5 Prozent. Sie wünscht sich schon aus reiner Höflichkeit, dass die Menschen sich melden und Termine absagen. „Schließlich warten andere Patienten lange auf eine Untersuchung und können nicht in der Kürze der Zeit herantelefoniert werden.“ Trotzdem hält auch sie eine Strafgebühr aus rechtlichen Gründen für nicht umsetzbar. „Wir hätten dadurch auch viel mehr Aufwand.“
KBV-Vorsitzender Andreas Gassen hatte kürzlich erneut eine Ausfallgebühr gefordert. „Es ist nicht nur ärgerlich, wenn Patienten Termine in Praxen buchen und diese einfach verstreichen lassen. Praxen können Termine ja nicht zweimal vergeben.“ Die Deutsche Stiftung Patientenschutz stellte sich strikt gegen Gassen. „Schon heute verlangen Praxen Strafgebühren für ausgefallene Termine“, sagte Vorstand Eugen Brysch.
Auch habe der Kassenärztechef vor seiner eigenen Tür zu kehren, forderte Brysch. „Denn eine systematische Überprüfung der Präsenzzeiten seiner Vertragspraxen gibt es nicht. Schließlich ist die mangelnde Erreichbarkeit für Patientinnen und Patienten das größte Problem.“ Brysch bezeichnete dies als „Massenphänomen“ – dies sei verantwortlich dafür, dass viele kranke Menschen Hilfe in den Notaufnahmen suchten.