Weichmacher werden von der Industrie eingesetzt, um Materialien besser verarbeiten oder vermarkten zu können. Sie stecken in unzähligen Produkten wie Kunststoffverpackungen, Kosmetik oder sogar Kinderspielzeug. Weil bei vielen der Substanzen eine gesundheitsschädigende Wirkung nachgewiesen ist, wurde ihr Einsatz in den vergangenen Jahren in der EU immer stärker reglementiert. Trotzdem besteht offenbar nach wie vor die Gefahr, dass Erwachsene und selbst Kinder größere Mengen verbotener Substanzen aufnehmen. Das hat eine groß angelegte Analyse von Urinproben ergeben.
Als Weichmacher bezeichnet man Stoffe, die Materialien zugesetzt werden, um sie biegsamer, weicher oder dehnbarer zu machen. Laut Bundesumweltamt sind Weichmacher „in großen Mengen“ in Kunststoffen, Lacken, Anstrich- und Beschichtungsmitteln, Dichtungsmassen, Kautschuk- und Gummiartikeln sowie in Klebstoffen enthalten.
Auch bei der Textilveredlung werden weichmachende Substanzen eingesetzt, um die Griffigkeit und Geschmeidigkeit von Stoffen zu verbessern. Neben Harzen, ölartigen Stoffen und Naturstoffen werden häufig Phthalate eingesetzt. Dabei handelt es sich um chemische Substanzen, die eine schädigende Wirkung haben können. Kein Weichmacher im eigentlichen Sinn ist die Substanz Bisphenol A (BPA), die zum Beispiel in Plastikdosen und Trinkflaschen enthalten ist sowie in der Innenbeschichtung von Konserven- und Getränkedosen. BPA ist ein Grundbaustein des Kunststoffs Polycarbonat und birgt ebenfalls gesundheitliche Risiken, etwa für Hormonhaushalt und Organe.
Weichmacher und BPA können aus den Materialien, in denen sie enthalten sind, austreten und dadurch nicht nur in die Umwelt gelangen, sondern auch in die Nahrungskette. Einige können auch über die Haut aufgenommen werden, beim Kontakt mit weichmacherhaltigen Materialien oder Kosmetika. Dabei wurde bei vielen der Substanzen eine schädliche Wirkung für Menschen und Tiere nachgewiesen, wenn sie in zu hoher Dosis aufgenommen werden. Vor allem ihre hormonartige Wirkung ist bedenklich, sie können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen (siehe unten) und scheinen die Entstehung von Krebs zu fördern.
Der Einsatz von Weichmachern und anderen Umweltgiften wird durch die Chemikalienverordnung der Europäischen Union (REACH) geregelt. Darin wurden die Phthalat-Weichmacher DEHP, DBP, DIBP und BBP als besonders gefährlich eingestuft. Wegen ihrer hormonartigen Wirkung im Organismus können sie ungeborenen Kindern während einer Schwangerschaft schaden und die Fruchtbarkeit und Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. Genau wie die Substanz DIPP dürfen sie nur noch nach Genehmigung verwendet werden. In Spielzeug und anderen Artikeln für Babys und Kinder sind mehrere Weichmacher generell verboten. Auch in Lacken, Kleb- oder Duftstoffen, die an die breite Öffentlichkeit verkauft werden, dürfen die gefährlichsten Stoffe nicht mehr verwendet werden. In Kosmetika oder Lebensmittelverpackungen sind einige Phthalate verboten, darunter DEHP, BBP und DBP.
Auch BPA gilt als schädlich für die Fortpflanzungsorgane und als „besonders besorgniserregender Stoff“. Es darf zum Beispiel in Babyflaschen nicht mehr verwendet werden, in Getränkedosen hingegen schon. Für weitere Substanzen gelten Grenzwerte, die in Materialien nicht überschritten werden dürfen, oder weitere Einschränkungen bei der Verwendung.
Im Rahmen der sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit hat das Umweltbundesamt eine stichprobenartige Untersuchung durchgeführt, um die Belastung der Bevölkerung durch Weichmacher und andere Umweltgifte zu überwachen. Dabei wurde in 37 Prozent der untersuchten Urinproben aus dem Jahr 2023 MnHexP nachgewiesen, ein Stoffwechselprodukt des Weichmachers DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat). Das bedeutet, dass viele Menschen den Weichmacher aufgenommen haben könnten.
In Nordrhein-Westfalen hatte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz außerdem rückwirkend alte Urinproben von Kindergartenkindern untersucht. Im Vergleich zu den Jahren 2017/18 hatte sich dabei der Gehalt von DnHexP-Stoffwechselprodukten in Proben aus dem Jahr 2020/21 verzehnfacht. Die Ursache ist unklar.
Laut Bundesumweltamt ist DnHexP als besonders besorgniserregend einzustufen und daher zulassungspflichtig. Er wirkt sich vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib aus. Auch für Erwachsene können DnHexP und verwandte Substanzen schädlich sein und das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck erhöhen.
DnHexP sei zuvor als Zusatzstoff verwendet worden, um PVC-Plastik weich und biegsam zu machen. Er könne noch in alten EU-Produkten enthalten sein oder über importierte Produkte nach Deutschland kommen, die gegen das EU-Chemikalienrecht verstoßen, so das Bundesumweltamt. Das sei „gerade mit Blick auf den rasant wachsenden Onlinehandel nicht kontrollierbar“. Es gibt auch bereits eine Vermutung, woher das Weichmacher-Stoffwechselprodukt stammen könnte: „In unseren ersten, sondierenden Analysen sehen wir einen Zusammenhang zwischen der Belastung mit MnHexP und Kosmetika, darunter insbesondere Sonnenschutzmitteln“, teilte das Umweltbundesamt mit.