„Wenn es noch mehr schlechte Nachrichten bei VW geben sollte und es tatsächlich zu einem Stellenabbau kommt, dann wäre es der falsche Zeitpunkt zu verkaufen“, sagt Rößer. Sie rät Immobilienbesitzern genau abzuwägen, was schwerer wiege, VW-Krise oder gesunkene Zinsen. Die meisten potenziellen Hausverkäufer trugen aber schon länger den Gedanken in sich, ihre Immobilie zu verkaufen, doch durch die VW-Krise werde der Verkauf gefühlt dringender. Was ihr auch auffällt: Es gibt weniger Menschen, die aktiv nach einer Immobilie suchen. Die Nachfrage sei gesunken. Und: Wenn es in Wolfsburg keinen Zuzug mehr gebe, dann stelle sich womöglich auch bei den großen Wolfsburger Baugebieten weniger Nachfrage ein. „Ein Werteverlust bei Immobilien ist aktuell nicht erkennbar. Dazu lassen sich erst im Frühjahr Zahlen und Fakten nennen“, sagt die Wolfsburgerin.
Die VW-Krise rüttele die Menschen und eben auch den Immobilienmarkt kräftig durch. „Mehr als beispielsweise die Corona-Krise“, sagt Rößler. Doch, sie glaube an ihre Heimat und daran, dass VW diese Krise überstehen werde.
Panik-Hausverkäufe aufgrund der VW-Krise - diesen Trend sieht der Wolfsburger Immobilienmakler Oliver Martin nicht. Auch wenn natürlich einige versuchten ihre Häuser zu verkaufen, um plus minus null herauszugehen. Da spiele die VW-Krise sicherlich eine Rolle, aber eben auch private Gründe der Hausbesitzer. Was auffällig ist: „Es gibt weniger Kaufinteressenten, die Menschen halten ihr Geld zurück, weil sie verunsichert sind. Und: der Aufwand ein Haus zu verkaufen ist größer“. Seit 15 Jahren vermittelt der Immobilienmakler Häuser in Wolfsburg.
Was sich auf dem Immobilienmarkt bemerkbar mache: die Preise für Eigentumswohnungen und Häuser sinken. „Das liegt zum einen an der VW-Krise, aber auch am demografischen Wandel“, sagt Martin. Die Sterberate sei höher als die Geburtenrate. Es gebe ein Überangebot. Doch dieser Trend sei schon länger erkennbar. „Womöglich hat man das in dem Maße noch nicht so gemerkt, als es VW noch gut ging“, so der Makler. Weiterer Punkt: Nun gebe es keinen Einwohnerzuwachs mehr durch VW.
Kritisch blickt der Makler auf die großen Neubaugebiete in der Stadt. „Ich denke nicht, dass sie komplett vermarktet werden können“, so seine Einschätzung. Auch hier sieht Martin den Grund nicht allein in der VW-Krise. „Die Baugebiete wurden zu spät realisiert und sind zu teuer“, sagt er.
Trotzt aller schlechten Nachrichten geht Martin aber davon aus, dass VW die Krise meistern wird. „Das wäre nicht nur für Wolfsburg, sondern für die gesamte Region enorm wichtig.“
Hintergrund: Volkswagen will einen drastischen Sparkurs verfolgen, Werkschließungen und Stellenabbau stehen im Raum. Der Konzern schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus. VW-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo hatte hingehen mehrfach betont: Mit ihr werde es weder Werkschließungen noch Massenentlassungen geben. Doch auch bei den Zulieferern reißen die Hiobsbotschaften nicht ab: So hat die IAV vor, in den nächsten Jahren 1.500 Stellen abzubauen. Der größte Arbeitgeber in Gifhorn setzt dabei auch auf ein Freiwilligenprogramm, um mit dessen Hilfe bis November 500 Stellen abzubauen. Bei Bertrandt in Tappenbeck sollen 600 Stellen wegfallen. Und auch das französische Unternehmen Capgemini hat inzwischen die Reißleine gezogen und will Stellen abbauen. Das Unternehmen hat angekündigt, in Wolfsburg 250 Stellen zu streichen.