Für 2025 ist das beliebte Ticket gerettet. Doch für die Zeit danach ist vieles offen – und es stellen sich Fragen: An welchen Schrauben kann man drehen, um es noch besser zu machen?
Mit einem Kraftakt auf den letzten Metern ist das Deutschlandticket für 2025 aufs Gleis gesetzt worden. Aber Wünsche und offene Fragen bleiben. Nicht nur: Wie kann das Ticket, das inzwischen rund 14 Millionen Menschen nutzen, entfristet und dauerhaft finanziert werden? Sondern auch: Wie kann es besser werden und noch mehr Menschen erreichen? Dafür gibt es durchaus Vorschläge. Allerdings nicht in erster Linie in den Wahlprogrammen der Parteien. Nur SPD und Grüne bekennen sich dort pauschal zur Fortführung des Tickets und einer gemeinsamen Finanzierung durch Bund und Länder. Union und FDP hüllen sich in Schweigen.
In der Branche herrscht nach der mühsamen Einigung für 2025 weiter Unsicherheit. „Eine Perspektive darüber hinaus gibt es aktuell ebenso wenig wie eine tragfähige Lösung für die künftige Aufteilung der Einnahmen aus dem Deutschland-Ticket“, sagt Alexander Möller, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), nachdem der Koordinierungsrat von Bund und Ländern am Freitag ohne Beschluss blieb. Das Ticket sei ein Erfolg und habe weiteres Potenzial, betont Möller. „Die Branche will dieses Ticket, wenn die Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen und Verbünde stimmen.“ Im neuen Jahr muss also weiter darum gerungen werden.
Ein Einwand stand schon früh im Raum: Mit Blick auf den Klimaschutz hätte man die Summe von 3 Milliarden Euro pro Jahr, die Bund und Länder bislang je zur Hälfte beisteuern, effizienter ausgeben können. Spricht das nun gegen das Ticket? Nicht unbedingt, denn das Ticket schafft auch einen allgemeinen Wohlfahrtsgewinn, sagt Professor Andreas Krämer, Direktor des VARI-Instituts für wertebasierte Forschung. Er zählt dazu unter anderem den Imagegewinn für die Nahverkehrsbranche und den Standort Deutschland, mehr Digitalisierung, Vereinfachung und bessere soziale Teilhabe.
Krämer kritisiert, in der öffentlichen Diskussion entstehe durch die Fokussierung auf die Probleme bei der Nahverkehrsfinanzierung vor allem beim Deutschlandticket der Eindruck, das Ticket zum Preis von bisher monatlich 49 Euro wäre eine volkswirtschaftliche Belastung. Das Gegenteil sei jedoch der Fall. „Das Deutschlandticket generiert bei konservativer Betrachtung einen Wohlfahrtsgewinn von mehr als 2 Milliarden Euro jährlich.“ Der lasse sich sogar noch ausbauen, wenn der Anteil der Neu-Abo-Kunden oder ÖPNV-Systemeinsteiger noch erhöht werden könne.
„Die positive gesamtwirtschaftliche Bewertung lässt eine Perspektivenerweiterung zu“, sagt Krämer. Und das sowohl in Hinblick auf eine weiter gehende Finanzierung des ÖPNV aus dem allgemeinen Steueraufkommen als auch mit Blick auf den einzelwirtschaftlichen Nutzen durch Beiträge der Nutznießer eines guten ÖPNV-Angebotes. Dazu zählt er nicht nur Ticketbesitzer, sondern durchaus auch Autofahrer, die von freieren Straßen profitieren. Es könne gelingen, den Preis des Deutschlandtickets relativ stabil und damit planbar zu halten und gleichzeitig den ÖPNV finanziell besser auszustatten. „Bei aller Fokussierung auf die Finanzierungsprobleme im Nahverkehr wird vergessen, dass die Welt ohne Deutschlandticket deutlich problematischer wäre als die jetzige Situation.“
Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten, die Busse und Bahnen im Regionalverkehr effektiver zu nutzen und besser auszulasten. Denn bisher trägt auch das Deutschlandticket dazu bei, dass vor allem in den Stoßzeiten – morgens hin zur Arbeit und abends zurück – viele Züge rappelvoll sind. „Das führt zu Überlastung des Systems und Unpünktlichkeit der Züge, außerdem zu wenig Reisekomfort“, sagt Prof. Mark Andor vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Aber längst nicht alle Menschen müssten zwingend zu den Stoßzeiten unterwegs sein. Er schlägt deshalb vor, gezielt Fahrten in den Randzeiten attraktiver zu machen – indem sie dann deutlich günstiger oder sogar kostenlos seien.
Der Hintergrund: Die höchsten Kosten entstehen beim ÖPNV bereits durch seine Bereitstellung, durch das Anschaffen der Busse und Bahnen, und das Personal. „All das muss auch dann bezahlt werden, wenn der Bus ohne einen einzigen Fahrgast fährt. Es geht darum, dieses Potenzial besser zu nutzen.“
Ein solches nachfrageorientiertes, dynamisches Preissystem sei zusätzlich zum Deutschlandticket oder auch alternativ dazu denkbar, sagt Andor. Wichtig jedoch: Das System müsse bundesweit funktionieren. Denn in den Tarifdschungel der verschiedenen Verkehrsverbünde wolle niemand zurück.
Eine weitere Frage, die viele stellen: Ist das D-Ticket in seiner derzeitigen Form gerecht? Auch das hängt davon ab, wie hoch man die Möglichkeit zur Teilhabe einschätzt. Regional gesehen, nutzen derzeit vor allem Menschen im städtischen Umfeld das Angebot, während auf dem Land attraktive ÖPNV-Anbindungen vielerorts schlicht noch fehlen.
Unter sozialem Aspekt hat vor allem das 9-Euro-Ticket die Mobilität vieler Menschen mit geringerem Einkommen deutlich verbessert. Steigt der Preis für das Deutschlandticket in Zukunft weiter, würden eine soziale oder auch Familienvariante des Tickets dringlicher.