Um von einer Trendwende zu sprechen, ist es laut Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, noch etwas zu früh. Es müsse sich in den nächsten Monaten zunächst noch verstetigen. Aber es gebe einige Faktoren, die dafür sprechen, dass die Absätze steigen werden.
Kurz gesagt, es steht und fällt mit den CO2-Flottenzielen der Europäischen Union. Die drohenden Strafzahlungen führen laut dem Experten dazu, dass die Hersteller mit Rabatten arbeiten, um ihren Absatz beim E-Auto anzukurbeln. „Am Ende ist es günstiger, lieber auf Marge zu verzichten, als die Strafzahlungen in Kauf zu nehmen“, sagt Bratzel.
Nur steht aber noch gar nicht fest, ob die CO2-Flottenziele dieses Jahr Anwendung finden werden. Viele Automobilhersteller und auch der Europäische Automobilherstellerverband ACEA sind gerade sehr aktiv und werben für ein Aussetzen der Flottenziele für ein Jahr. Volkswagen Konzern-Chef Oliver Blume spricht in diesem Zusammenhang gerne von einem Realitätscheck.
Bratzel rechnet damit, dass man im Laufe des März mit ein paar Ergebnissen in dieser Richtung rechnen kann. Ein mögliches Szenario: Die CO2-Flottenziele werden für 2025 ausgesetzt und auf die nachfolgende Jahre verteilt. Profitieren von einem Aufschub würden laut dem Experten fast alle europäische Hersteller und damit auch Volkswagen. Nur BMW verhalte sich im Zusammenhang mit den Flottenzielen auffällig ruhig. „BMW spricht zwar immer von Technologieoffenheit, hat aber seine Hausaufgaben gemacht. Sie wären ein Verlierer, wenn die Flottenziele ausgesetzt werden“, sagt Bratzel.
Doch wo hat es diesen plötzlichen Anstieg an neu zugelassenen E-Autos gegeben? Betrachtet man die Zulassungszahlen in der Europäischen Union, den sogenannten EFTA-Staaten Island, Schweiz und Norwegen sowie in Großbritannien, ist ein wesentlicher Grund für den Anstieg der deutsche Automobilmarkt. Dort stieg der Absatz im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat von batterieelektrischen Fahrzeugen um 53,5 Prozent auf 34.498 Fahrzeuge. In Großbritannien stieg der Absatz um 41,6 Prozent auf 29.634 Fahrzeuge. Auch in anderen Ländern legten die Zulassungen für E-Autos zweistellig zu. Lediglich in einem der größeren Märkte, in Frankreich, gingen die Neuzulassungen um 0,5 Prozent auf 19.923 vollelektrische Fahrzeuge zurück.
Die Hersteller profitieren aber nicht alle von diesem Trend. Vor allem Tesla hat im Vergleich zur Konkurrenz Federn gelassen. Nur noch 9.945 Neuzulassungen wurden in EU, EFTA und Großbritannien registriert, ein Minus von 45,2 Prozent. Das Model Y kommt laut einem Bericht der Automobilwoche europaweit noch auf 6.066 Neuzulassungen, ein Minus von 48,8 Prozent. Zum Vergleich der ID.7 bringt es laut dem Bericht, der sich auf Zahlen von Dataforce bezieht, auf 5.870 Neuzulassungen.
In Deutschland ist der Trend sogar noch deutlicher. Hier registrierte das Kraftfahrtbundesamt 3.140 neu zugelassene ID.7. Tesla kam mit allen Modellen gerade noch auf 1.277 Neuzulassungen in Deutschland. ID.4/5 mit 2.678 und ID.3 mit 2.014 Neuzulassungen liegen auch noch vor Tesla in Deutschland.
Volkswagen ist damit auch als einer der Gewinner auf dem europäischen Markt anzusehen. Doch was sind die Gründe? „Technologisch hat VW vernünftige E-Fahrzeuge und sogar sehr gute wie den ID.7“, sagt Bratzel. Tesla sei hingegen in vielen Technologiefeldern führend gewesen, aber inzwischen abgerutscht. Zudem verschlechtere sich Teslas Image durch die Rolle von Elon Musk in der Trump-Regierung und seinem Auftreten bei X kontinuierlich. „Die Begehrlichkeit der Marke sinkt und in der Folge die Absatzzahlen“, folgert Bratzel. Tesla habe weltweit mit sinkenden Absätzen zu kämpfen.
Zwar leistet der Erfolg des ID.7 einen Beitrag zur Verbesserung der CO2-Flottenbilanz von Volkswagen, aber um wirklich die Ziele erreichen zu können, ist das Marktsegment laut Bratzel zu klein. „In dieser Hinsicht kommen der ID.2 und der ID.1 zwei bis drei Jahre zu spät“, sagt der Experte. Die Fahrzeuge selbst seien sehr wichtig für Volkswagen, um im Volumenmarkt das Angebot nach unten abzurunden. „Grundsätzlich werden die beiden Modelle ihren Markt finden“, glaubt Bratzel. Sie müssen halt Kundinnen und Kunden überzeugen, so wie es auch der ID.7 in seinem Segment derzeit macht.