Zusammen kommen die beiden Männer auf 20 Jahre Arbeit im Schiedsamt. Peter Schuchard (78) und Frank Eggers (72) haben so manche abstruse Situation unter Nachbarn erlebt und geklärt. „Keiner meiner Fälle landete vor Gericht, wir konnten alles so klären“, erzählt Schuchard. Frank Eggers hingegen berichtet von einem Streit, der vor Gericht landete. „Weil der Beteiligte einfach zu verbohrt und zu keinem Kompromiss bereit war – vor Gericht hat er dann übrigens verloren.“ Um genau das zu vermeiden, dass sich Gerichte mit Bagatellen beschäftigen müssen, gibt es das Schiedsamt.
„80 Prozent der Fälle drehten sich um Büsche oder Bäume, an der Grenze zum Nachbargrundstück“, erzählt Schuchard. Zunächst habe er immer das Gespräch zwischen „Tür und Angel“ gesucht. „Hier tauschte man sich mit den beiden Parteien aus, um der Sache auf den Grund zu gehen und das Gespräch in Gang zu bringen“, so Schuchard. Frank Eggers ergänzt, dass es nicht immer darum gehe, geltendes Recht umzusetzen. „Ich hatte einen schönen Fall, bei dem sich Nachbarn geeignet haben.“ Der Ast eines Apfelbaumes reichte auf das Nachbargrundstück. Der Besitzer des Baumes erlaubte dem Nachbar die Äpfel an dem Ast zu pflücken, dafür wurde darauf verzichtet den Ast abzusägen, denn das hätte, rein rechtlich, eigentlich geschehen müssen.
Eggers berichtet weiter von einem anderen Fall, bei dem eine der Streitparteien ein mit Rindenmulch abgedecktes Grundstück hatte. Die Katze des Nachbars habe mit Vorliebe in dem Mulch gewühlt und dort auch ihr Geschäft verrichtet. „Der Nachbar beantragte bei mir ein Schiedsverfahren und wir haben gemeinsam nachgeschaut, welchen Weg die Katze bei ihren Ausflügen nimmt.“ Es seien Hindernisse aufgebaut und Vergrämungsmaßnahmen umgesetzt worden. „Das hat funktioniert. Auch weil beide Nachbarn bemüht waren, das Thema in den Griff zu bekommen“, blickt Eggers zurück.
Doch nicht immer liefe es so glatt ab. Das Thema Parken sorge oft in Wohngebieten für Ärger. „Wer zuerst kommt, der darf parken“, sagt Schuchard. Er berichtet von einem Fall, bei dem eine der Streitparteien drei Autos besaß und in dem Wohngebiet entsprechen viel Flächen belegte. Die anderen Anwohner fühlten sich dadurch eingeschränkt und belästigt.
Sie hätten darauf die Mülltonnen früh herausgestellt, um das Zustellen der Flächen zu verhindern. Der Nachbar mit den drei Autos schob darauf die Mülltonnen ein Stück vor, um parken zu können. „Das Ganze hat sich dann so aufgeschaukelt, dass ein Nachbar die Absenkung der Bordsteinkanten beantragte. Vor einem abgesenkten Bürgersteig darf nicht dauerhaft geparkt werden“, erläutert Schuchard. Diese Baumaßnahme habe sich der Anwohner mehrere Tausend Euro kosten lassen.
Schwierig werde es zuweilen dann, wenn sich ein Gartenfreund und ein Nachbar gegenüberstehen, dessen Garten „betoniert und grün angestrichen ist“, so Eggers. Solche Grundstücke seien meist penibel sauber und bestünden überwiegend aus einer Rasenfläche. Diese Grundstücksbesitzer fühlten sich in der Sauberkeit gestört, wenn vom Nachbar Laub herübergeweht werde. „Vor Gericht ist das aber nicht haltbar. Es sei denn, das Laub verstopft auf dem Nachbargrundstück einen Abfluss, sodass Oberflächenwasser sich staut und nicht mehr abfließen kann“, erläutert Schuchard.
Das Gespräch der Nachbarn untereinander kann da sehr hilfreich sein. Dieses in Gang zu bringen, ist eine der Aufgaben des Schiedsmanns, er übernimmt die Rolle des Moderators. „Die Menschen sind vorwiegend einfach nicht in der Lage, miteinander zu reden“, ergänzt Eggers. Schiedsleute müssten daher auch in dem Ort wohnen, in dem sie tätig sind. „Es ist gut, wenn man die Leute kennt“, sagt Schuchard.
Wie sind die beiden Männer eigentlich Streitschlichter geworden? „Mich hat der Bürgermeister angerufen, ob ich das Amt übernehmen möchte“, erinnert sich Schuchard. Beruflich hatte er als Vertrauensmann bereits mit dem Thema Schlichtung zu tun gehabt, aber auch in seiner Freizeit als Schiedsrichter beim Sport.
Auch Frank Eggers musste in seinem Berufsleben oft Streit schlichten und bringt wie Peter Schuchard die Grundvoraussetzungen für das Amt mit: Kommunikationsstärke, Lebenserfahrung und Menschenkenntnis. Die Arbeit ist ehrenamtlich und manchmal zeitintensiv. Was motivierte die beiden Männer? „Wenn man ein Problem gelöst hat, dann geben einem die Beteiligten auch etwas zurück. Außerdem hat man einen Beitrag für die Gesellschaft geleistet“, sagt Eggers.