„Sobald es düster wird, geht die Übergabe los“, so Hackländer. Auf einer Parkbank warten die Konsumenten auf ihre Dealer. Ein Auto fährt vorbei, die Fensterscheibe wird heruntergelassen. Geldscheine werden rasch übergeben, der Wagen fährt wieder los. So schildert es der Geschäftsinhaber.
Die Drogen seien dort dann schon deponiert. Das Rauschmittel werde beispielsweise in Aluminiumfolie gewickelt und unter die Bäume gelegt, so sehe es aus wie Abfall. Auf der Suche nach den Drogen stocherten die Konsumenten dann mit einem Stock im Boden um die angepflanzten Bäume herum. „In letzter Zeit ist es aber ruhiger gewesen“, erklärt der 60-Jährige. Er vermutet, dass die Drogengeschäfte wegen der Sommerzeit zu späterer Stunde stattfänden. Dann aber hat der Laden des Fotografen bereits geschlossen.
Um die Drogenszene in Wolfburg am Nordkopf in den Griff zu bekommen, wurde jüngst eine Drogenkommission gegründet, die Streetworker einsetzt. Einen ähnlichen Anlauf gab es auch in 1990er-Jahren. Damals war der Wolfsburger Rathausplatz als Hot-Spot für Drogendeals bekannt. Mithilfe der Drogenkommission konnte die Szene am Rathausplatz entfernt werden. Das Drogenproblem in der Stadt wurde dadurch allerdings nicht gelöst. Dass sich die Drogenszene jetzt an einen anderen Ort verlagert, will die Drogenkommission vermeiden. Die Situation am Nordkopf ist bekannt. Doch geht es jetzt auch am Südkopf los? Die Polizei Wolfsburg hat „bisher noch keine großartige Veränderung der Szene wahrgenommen“, sagt Melanie aus dem Bruch. „Wir kontrollieren nach wie vor zu verschiedenen Zeiten“, so die Polizeihauptkommissarin.
Auch Hackländer kennt die ehemaligen Drogenumschlagplätze. 1990 soll es vor dem Standesamt gewesen sein, dann verlagerte sich die Szene nach Angaben des Fotografen zum Otto-Wels-Platz bei der Rothenfelder Straße. Aktuell sei der Nordkopf als Umschlagplatz für Drogen bekannt - und verrufen. „Abends fühle ich mich rund um den Bahnhof nicht mehr sicher. Da sehe ich zu, dass ich schnell aus der Gegend wegkomme“, bekräftigt der 60-Jährige.
Vor neun Jahren habe er das Fotogeschäft in der Schillerpassage eröffnet. Doch nicht nur der Drogenhandel sei dort ein Problem. In den Jahren habe Hackländer auch eine „Veränderung der sozialen Qualität gemerkt“. Zum einen werden immer wieder Handys in der Innenstadt geklaut, wie an der Bushaltestelle Kunstmuseum. Außerdem erzählt er, dass oft Kunden in den Laden kommen, weil ihnen die Handtasche geklaut wurde. „Das sind vermehrt ältere Leute, und sie brauchen dann neue Passbilder für die Dokumente“, so Hackländer.
Der Fotograf bestätigt, dass rund zweimal in der Woche Polizeiautos durch die Schillerpassage fahren: „Bei Aldi gibt es fast jeden Tag Ladendiebstähle, das habe ich von einer Mitarbeiterin gehört. Und dadurch fährt die Polizei am Foto-Atelier vorbei.“
Am Südkopf gebe es auch regelmäßig Polizeieinsätze wegen eines weiteren Brennpunkts. „Zwischen Kunstmuseum und Museums Arcaden sitzen Leute auf den Bänken und trinken Alkohol“, sagt eine Mitarbeiterin eines Geschäfts aus der Schillerpassage, die anonym bleiben möchte. Laut Hackländer finden dort „Auseinandersetzungen“ statt. Er sagt: „Der Alkoholikertreff ist keine schöne Visitenkarte für die Stadt“.
Den Mitarbeitern der ansässigen Geschäfte am Südkopf bleibt diese Szene natürlich nicht verborgen. Eine 58-jährige Angestellte, die anonym bleiben möchte, berichtet: „Die alkoholisierten Menschen liegen manchmal auf den Bänken, und deshalb musste schon öfter der Krankenwagen kommen.“ Der Polizei sind die Szene bekannt: „Im Bereich des Südkopfes halten sich seit längerer Zeit immer mal wieder Personen auf, die dort vornehmlich Alkohol konsumieren. Auch hier führen wir, ebenso wie die Stadt, Kontrollen durch“, betont Sprecherin Melanie aus dem Bruch. Uwe Hackländer allerdings pocht darauf, dass die Stadt sich nicht nur um die Aufenthaltsqualität kümmert, sondern auch um das soziale Umfeld. Denn: „Wenn die Situation so bleibt, siedeln sich keine interessanten Geschäfte in der Innenstadt an“, sagt Hackländer vom Foto-Atelier.