„Wolfsburg ist mit rund 130.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt in Niedersachsen und bietet uns ein großes Potenzial“, sagte Oberstleutnant Peter Egger zur Begrüßung der vielen Gäste. Der stellvertretende Dienststellenleiter des Karrierecenters Hannover möchte die Bundeswehr „als Arbeitgeber sichtbar machen“ und junge Menschen für eine Ausbildung oder einen Job in der Armee begeistern – „in oder ohne Uniform“.
Sein Ziel seien, so Egger, 5.100 Neueinstellungen für die Streitkräfte bis zum Jahresende. Zuständig ist seine Dienststelle für die Rekrutierung von Personal in mehreren norddeutschen Bundesländern. In Wolfsburg bleibe man mit der „Karrierelounge“ bis Ende 2025, „vielleicht auch darüber hinaus“.
Für Jens Hofschröer, Stadtrat für Digitales und Wirtschaft der Stadt Wolfsburg und Geschäftsführer der WMG, ist die Bundeswehr-Repräsentanz eine Bereicherung für die Innenstadt. „Die Bundeswehr steht nicht Krieg“, betonte er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Eine Demokratie muss wehrhaft sein – dafür steht die Bundeswehr." Zumal es in der Armee ja auch sehr viele „zivile Jobs“ gebe. Eine Karrierelounge diene dazu, Barrieren abzubauen und die Vielfältigkeit der Bundeswehr kennen zu lernen.
Laut Patrizia Leicht, Karriereberaterin bei der Bundeswehr, gibt es in der Armee neben der militärischen Laufbahn aktuell 50 zivile Ausbildungsberufe. „Das geht vom Fluggerätemechaniker und Tischler über die Bürokauffrau und die medizinische Fachrichtung bis hin zum Kfz-Mechatroniker“, erklärte sie. Auch IT-Spezialisten hätten gute Berufschancen bei der Bundeswehr. Eines ihrer persönlichen Ziele sei es, mehr Frauen für eine Tätigkeit in der Bundeswehr zu begeistern. Denn: Der Frauenanteil in der Bundeswehr betrage aktuell nur 13 Prozent. In der kämpfenden Truppe seien es sogar nur vier Prozent.
Madlen Brückner (38) entschloss sich 2014 zur Bundeswehr wechseln. Die gelernte Handelsfachwirtin berichtete unserer Zeitung, sie habe damals „mal etwas Neues machen und an meine persönlichen Grenzen gehen“ wollen. Sie arbeitet in der Personalabteilung des Gefechtsübungszentrums in Gardelegen. Natürlich sei sie damals oft gefragt worden, warum sie „ausgerechnet“ zur Bundeswehr gehen wolle – „aber negative Kommentare habe ich nie gehört“. Sie bereue diesen Schritt bis heute nicht: „Ohne ihn wäre heute nicht so, wie ich bin.“
Sie betonte aber auch: „Auch wenn ich einen Bürojob habe, bin ich natürlich in erster Linie Soldatin. Ich muss mich körperlich fit halten und meine Schießübungen absolvieren.“ Ein weiterer Unterschied zwischen Armee und zivilen Jobs sei die Kameradschaft, die sie innerhalb der Truppe empfinde: „Letztendlich muss ich mich im Gefecht auf meine Nebenleute verlassen können.“
Dass es eben auch diese Seite der Bundeswehr gibt, machte Hauptmann Alexander Helle vom Gefechtsübungszentrum Heer in Gardelegen mit seinem Team deutlich: Er richtete das Karriereberatungsbüro mit ein, stellte einen Gruppenplatz im Wald nach und eine Drohne vor. Außerdem können Besucher in Uniformen samt Ausrüstung schlüpfen – viele staunten darüber, wie schwer beladen Soldaten im Ernstfall ihren Dienst verrichten.
Draußen vor der Tür parkten ein Infomobil und ein großer Toyota Land Cruiser in olivgrüner Lackierung: „Wir nennen ihn Hirsch“, betonte Helle. „Alle Bundeswehrfahrzeuge haben einen Tiernamen.“ Der „Hirsch“ steht für die neue Ausbildung bei der Bundeswehr. Die Zeit der nachgestellten Panzerkämpfe auf Truppenübungsplätzen sei vorbei, so Helle. In der Ukraine und in anderen aktuellen Kriege könne man beobachten, welche Rolle Drohnen und Häuserkämpfe heute spielen würden.
Deshalb übe man heute mit Laserwaffen, selbst Panzer würden mit Lasern auf ihre Ziele „schießen“. Das führe dazu, dass Soldaten bei Übungen Sensorgürtel tragen würden. Anhand dieser Sensoren wüssten sie nach Treffern schnell, wo und wie schwer sie „verwundet“ worden seien. Mit Technik ausgerüstete Fahrzeuge wie der „Hirsch“ würden alle diese Daten erfassen.
Mit einer besonderen Willkommenstorte begrüßte Cadera-Chef Hendrik Wolf-Doettinchem seine neuen Nachbarn: Ein Foto seines Großvaters Friedrich Foertsch schmückte sie. „Mein Opa war in den 1960ern Jahren der zweite Generalinspekteur der Bundeswehr.“ Im Herzen sei er Pazifist, so Wolf-Doettinchem, „aber ich finde es gut, dass die Bundeswehr in diesen Zeiten auf die Straße geht und für sich wirbt.“
Geöffnet ist die Karrierelounge in der Porschestraße montags bis samstags täglich von 11 bis 18 Uhr.