Die Zukunft von Wolfsburg steht in der Autostadt
 Neuer ID. Every1 – könnte wegweisend für Wolfsburg sein

Volkswagens künftiges elektrisches Einstiegsmodell: Ab sofort ist das Showcar Volkswagen ID. Every1 auf der Piazza der Autostadt in Wolfsburg zu sehen.Foto: Roland Hermstein
Wolfsburg. Mitten auf der Piazza der Autostadt in Wolfsburg steht seit wenigen Tagen ein Auto, das mehr ist als nur eine Studie: der ID. Every1 von Volkswagen. Was auf den ersten Blick wie ein weiteres Elektro-Showcar wirkt, ist in Wahrheit ein Symbol für die Hoffnung einer ganzen Stadt. Denn Wolfsburgs Zukunft hängt – wirtschaftlich, sozial und kulturell – eng mit dem Erfolg vom Volkswagen-Konzern zusammen. Und dieser steht derzeit unter Druck.

Die Autostadt, konzipiert als Erlebniswelt rund um Mobilität und Marke, wird damit zur Bühne für ein mögliches Comeback. Denn Volkswagen steckt in der größten Transformation seiner Geschichte: weg vom Verbrenner, hin zur Elektromobilität. Doch der Weg ist steinig. Der Konzern muss bis 2030 rund 35.000 Stellen abbauen – auch in Wolfsburg. Gleichzeitig brechen die Verkäufe in China ein, insbesondere bei E-Autos. In Europa kämpfen Kunden mit Inflation, und der Absatz günstiger Elektrofahrzeuge stockt. In dieser Lage wird deutlich: Volkswagen braucht ein Auto, das die Wende bringt.

Der ID. Every1 soll genau das leisten. Als erstes wirklich bezahlbares E-Modell der Marke – rund 20.000 Euro sind anvisiert – richtet sich der kleine Stromer an breite Käuferschichten: Fahranfänger, Familien, Pendler, Lieferdienste. Wer sich bislang kein Elektroauto leisten konnte, soll hier erstmals einsteigen können. Gelingt dieser Schritt, wäre das mehr als nur ein kommerzieller Erfolg. Er würde zeigen, dass Volkswagen in der Lage ist, seine historische Rolle als „Auto für alle“ ins elektrische Zeitalter zu übertragen. Und das wäre ein Signal – an die Belegschaft, an die Stadt und an den globalen Markt.

In der Autostadt bekommt man den ID. Every1 nun erstmals aus der Nähe zu sehen. Die Ausstellung auf der zentralen Piazza ist frei zugänglich. Kein gläserner Turm, keine Virtual-Reality-Präsentation – einfach ein echtes Auto zum Greifen. Die Botschaft ist klar: So könnte er aussehen, der neue Volkswagen für alle. Für Wolfsburg bedeutet das mehr als nur ein neues Modell. Schlägt der ID. Every1 ein, sichert er Arbeitsplätze, stärkt das Unternehmen und könnte den Konzern zurück auf die Erfolgsspur führen. In diesem Sinne steht tatsächlich „die Zukunft von Wolfsburg in der Autostadt“.

Erst Anfang März hatte Volkswagen die Konzeptstudie des ID. Every1 in Düsseldorf vorgestellt. Jetzt ist sie für die Öffentlichkeit erlebbar. Technisch basiert das Fahrzeug auf einem neu entwickelten modularen E-Baukasten mit Frontantrieb. Es ist rund 3,90 Meter lang und positioniert sich zwischen dem früheren VW up! und dem Polo. Eine neu entwickelte E-Maschine mit 95 PS bringt den Wagen auf maximal 130 Stundenkilometer. Die Reichweite liegt bei mindestens 250 Kilometern – intern wird bereits über 300 Kilometer diskutiert.

Besonders hervorgehoben wird die Software-Architektur: Erstmals soll ein VW-Modell über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg per Update nachrüstbar bleiben. So lassen sich digitale Funktionen später aktivieren – je nach Kundenwunsch. Innen ist Platz für vier Personen und 305 Liter Gepäck. Ziel ist ein Auto, das so flexibel wie bezahlbar ist. Entwickelt wurde es explizit für Europa.

Designchef Andreas Mindt setzt auf „mutige, aber zugängliche“ Gestaltung: Frontleuchten mit Charakter, ein „lächelndes“ Heck – ein Auto, mit dem man sich identifizieren soll. Markenvorstand Kai Grünitz betont, man habe diesmal den Kunden konsequent in den Mittelpunkt gestellt. Und Markenchef Thomas Schäfer spricht sogar von einem neuen „Volkswagen-Moment“: ein E-Auto für alle – wie einst der Käfer, aber elektrisch.

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