Vor 60 Jahren wurde die Marke Audi wiederbelebt
Auto Union stellte mit neuem Viertaktmotor auch den ersten neuen Audi seit dem Zweiten Weltkrieg vor

Start der Produktion: Am 13. August 1965 rollte der erste Audi nach dem Zweiten Weltkrieg vom Band. Daran nahmen Auto Union Chefingenieur Ludwig Kraus (von links), Auto Union Vorstandsvorsitzender Rudolf Leiding, Volkswagens Marketing- und Vertriebsleiter Fritz Frank und Auto Union Vertriebsleiter Emil Gräbner teil.Foto: Audi AG
Wolfsburg/Ingolstadt. Als der „neue Audi“ das erste Automobil der Marke mit Vierzylinder-Viertaktmotor 1965 auf den Markt kommt, befindet sich die Auto Union GmbH, das Vorgängerunternehmen der heutigen Audi AG, in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Dabei ist die Firma herausfordernde Jahre durchaus gewohnt, schließlich war schon der Neustart nach dem Zweiten Weltkrieg alles andere als einfach: Deutschland liegt in Trümmern, die sächsische Auto Union AG wird zerschlagen und hat keine Zukunft.

In diesen Nachkriegswirren gehen ehemalige Mitarbeitende der Auto Union in den Westen und gründen in Ingolstadt zunächst ein Zentraldepot für Ersatzteile, 1949 dann die Auto Union GmbH. Die junge Firma steigt in die Fahrzeugproduktion ein; ihre ersten Modelle, Motorräder und Lieferwagen der Marke DKW, finden in den Zeiten von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder großen Absatz.

Mit wachsendem Wohlstand der Bevölkerung steigen bald auch die Ansprüche ans Automobil. Die auf Vorkriegstechnik basierenden DKW-Modelle gelten Mitte der 1960er-Jahre als nicht mehr zeitgemäß – die Marke DKW ist „out“. Insbesondere das lange Festhalten am Zweitaktmotor lässt die Verkaufszahlen kontinuierlich sinken: Das letzte Zweitaktmodell der Auto Union, der DKW F 102, bleibt trotz seines modernen Designs ein Ladenhüter. Und so steckt die Ingolstädter Auto Union GmbH in den 1960er-Jahren in der Krise.

Zur gleichen Zeit kommt es auch zu Veränderungen in der Unternehmensstruktur. Die Daimler-Benz AG, von 1958 bis 1964 Eigentümerin der Auto Union, verkauft ihre Anteile Schritt für Schritt an die Volkswagenwerk AG in Wolfsburg, was in der Folge auch zu einer besseren Auslastung der Produktion führt. Als erster Retter in der Not erweist sich in diesen Tagen der VW Käfer: Zwischen den Jahren 1965 und 1969 montiert man in Ingolstadt fast 348.000 Exemplare des Volkswagen 1200/1300.

Noch viel entscheidender für die weitere Zukunft des Unternehmens erweist sich eine Entscheidung, die die alte Eigentümerin Daimler-Benz AG Anfang der 1960er getroffen hatte: Sie stellt der Tochter einen Viertaktmotor zur Verfügung. Zudem entsenden die Stuttgarter den Ingenieur Ludwig Kraus nach Ingolstadt, der dort später Chefentwickler wird. Kraus bringt den neuen Motor zur Serienreife und schafft so die ­Voraussetzungen für das erste Auto aus Ingolstadt mit Viertaktmotor.

1965 kommt der „neue Audi“ auf den Markt – 25 Jahre nachdem im Zuge der kriegsbedingten Produktionseinstellung 1940 der letzte Audi 920 das Montageband im sächsischen Zwickau verlassen hatte, und 55 Jahre nachdem mit dem Audi Typ A 10/22 PS das erste Audi-Automobil überhaupt ausgeliefert worden war. Der intern F 103 genannte Audi wird ein voller Erfolg und begründet eine ganze Baureihe, die bis 1972 produziert wird.

In Ingolstadt will man den technischen Wandel auch mit dem Namen des neuen Modells sichtbar machen. Der Markenname „DKW“, seit jeher eng mit dem Zweitaktmotor verbunden, soll deshalb künftig für Fahrzeuge der Auto Union GmbH nicht mehr verwendet werden. Stattdessen erhält der neue Wagen den aus der Vorkriegszeit bekannten Namen „Audi“ – zunächst ganz ohne weiteren Zusatz und ohne eigene Typenbezeichnung. Im Handel steht das Auto als Auto Union „Typ Audi“.

Und noch ein Detail ist wichtig: Beim Namen für das neue Auto handelt es sich um eine reine Modellbezeichnung, der Name des Unternehmens lautet 1965 nach wie vor Auto Union GmbH. Erst 20 Jahre später entsteht 1985 die Audi AG; seither tragen Unternehmen und Produkte den gleichen Namen: Audi.

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