Wolfsburger Klinikum:
Defizit von 20 Millionen Euro
Leistungen liegen auf Niveau der Vor-Coronazeit

Das Wolfsburger: Trotz hoher Auslastung stieg das Defizit auf rund 20 Millionen Euro an.Foto: Britta Schulze
Wolfsburg. Wer das Wort Hiobsbotschaft vermeiden möchte, wählt vielleicht ein schöner klingendes Wort wie Dysangelium. Der Inhalt bleibt aber leider ein und derselbe. Im Falle des Klinikum Wolfsburg ist das die Höhe der Verschuldung. Am Donnerstag wurde dem Klinikumsausschuss der Jahresabschluss für 2024 präsentiert.

Es war offenbar keine Überraschung, was die Kommunalpolitik am Donnerstag zu hören bekam, denn im Anschluss gab es keinen Redebedarf. Das Defizit beträgt rund 19,9 Millionen Euro und liegt damit insgesamt 6 Millionen Euro über dem im Wirtschaftsplan kalkulierten Minus. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 lag das Jahresdefizit des Klinikums bei 9,3 Millionen Euro.

„Die Zahlen spiegeln nicht unsere Leistungsfähigkeit und unser wirtschaftliches Handeln wider. Sie sind Ausdruck der schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen Krankenhäuser, und damit auch unser Klinikum, arbeiten müssen“, betonte Klinikumsdirektor André Koch.

Das Klinikum habe im Vorjahr seine medizinischen Leistungen weiter steigern können. Mit 31.085 stationär und 54.922 ambulant behandelten Patienten hätten sich die Fallzahlen deutlich erhöht. Laut Koch sei damit das Niveau des Vor-Coronajahres 2019 nahezu wieder erreicht. Auch die Geburtshilfe im Klinikum habe ein Ausrufezeichen gesetzt: Mit 1.827 Neugeborenen kamen im Klinikum Wolfsburg 7,3 Prozent mehr Kinder zur Welt als im Jahr zuvor (2023: 1.702).

Zudem seit zusätzliches Personal eingestellt worden, um Wachstum und Leistungsfähigkeit zu erzielen. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Jahr 2024 auf durchschnittlich 1.581 Vollkräfte (Vorjahr: 1.541). „Das ist in Zeiten des Fachkräftemangels alles andere als selbstverständlich und zeigt, dass wir unser Wachstum nicht auf Kosten der Gesundheit unserer Mitarbeitenden erzielen“, so Koch.

Das Klinikum habe zudem die ambulante Behandlung vorangetrieben. Dies sei medizinisch grundsätzlich sinnvoll und stärke die Patientenversorgung, gehe aufgrund der schlechten Finanzierung der Leistungen jedoch zulasten der Wirtschaftlichkeit, so Koch.

Das Jahresergebnis belege zudem, dass seit Jahren generell die Finanzierung der Krankenhäuser nicht ausreichend sei. Laut Koch treffe dies Schwerpunktkrankenhäuser wie das Klinikum Wolfsburg besonders, da deren Versorgungsauftrag ein sehr breites Spektrum umfasse: von der Grund- bis zur hochspezialisierten Versorgung.

Aufgrund der deutlich gestiegenen Personal- und Sachkosten sowie einer unzureichenden Refinanzierung im Vergütungssystem verschlechtere sich die finanzielle Lage des Klinikums kontinuierlich, so Koch weiter.

Besonders die tariflichen Kostensteigerungen, die aus Sicht des Klinikumsdirektors notwendig und gerechtfertigt seien, würden nicht in vollem Umfang durch politische Entscheidungen refinanziert. Dazu kommen Preissteigerungen bei Medizinprodukten, Dienstleistungen und der Fachkräftegewinnung.

Gleichzeitig setze die Politik mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz Kliniken hohe Qualitätsvorgaben, die inhaltlich sinnvoll, aber mit sehr hohen Kosten und einem hohen Risiko für die Häuser verbunden seien. Das Klinikum habe neue Leistungsgruppen beantragt, die künftig das medizinische Angebot bestimmen sollen. Obwohl laut Koch völlig unklar sei, ob diese Gruppen dem Wolfsburger Klinikum auch zugesprochen werden, müsse es schon jetzt investieren, um die geforderten Rahmenbedingungen zu erfüllen. „Sollten die Gruppen nicht bewilligt werden, stünden wir mit diesen Investitionen allein da, denn eine Refinanzierung durch den Bund erfolgt nur nach offizieller Anerkennung“, erläutert Koch.

Für die Zukunft setze das Klinikum Wolfsburg zugleich auf strategische Kooperationen, unter anderem mit den Kliniken in Braunschweig und Wolfenbüttel sowie mit der Universitätsmedizin Göttingen. „Diese Zusammenarbeit stärkt die regionale Gesundheitsversorgung und ist ein zentraler Baustein unserer Strategie“, erklärt Koch und betont dabei: „Unsere Mitarbeitenden leisten Tag für Tag Herausragendes. Ihr Engagement ist die wichtigste Grundlage für eine moderne und patientenorientierte Medizin. Darauf sind wir sehr stolz.“

Das Klinikum Wolfsburg verstehe das Jahresergebnis 2024 nicht nur als reine betriebswirtschaftliche Zahl, sondern vor allem als deutliches Signal an die Politik, die Krankenhausfinanzierung nachhaltig zu reformieren. „Wir sind überzeugt, dass unser Klinikum mit seiner medizinischen Kompetenz, seiner regionalen Verwurzelung und seinen engagierten Beschäftigten auch in Zukunft eine tragende Säule der Gesundheitsversorgung in Wolfsburg bleiben wird“, erklärt Koch.

Das Klinikum selbst weist auf eine aktuelle Krankenhausstudie hin, nach der bundesweit drei Viertel aller Kliniken rote Zahlen schreiben würden. Bei öffentlichen Einrichtungen seien es sogar fast 90 Prozent. Das Wolfsburger Klinikum befindet sich in kommunaler Trägerschaft, das bedeutet, dass das Defizit durch die Stadt Wolfsburg ausgeglichen werden muss. Der Haushalt der Stadt ist bekanntlich ebenfalls defizitär.

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