Von Mai bis August zog das „Mobile Grüne Zimmer“ in der Wolfsburger Innenstadtdie Blicke auf sich: Die bepflanzte Wand mit Spalierdach war auf einem Abrollcontainer montiert, der Sitzmöglichkeiten und ein integriertes Bewässerungssystem bot und für mehr Grün und Schatten sorgen sollte. Betreut wurde das Projekt von der Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG).
„Im Zuge der Innenstadtentwicklung ist es das wesentliche Ziel der WMG, die Aufenthaltsqualität für die Bürgerinnen und Bürger mit kurzfristigen sowie langfristigen Maßnahmen zu erhöhen“, erklärt Josephine Stein, Leiterin Handel und Zentren im Bereich Wirtschaftsförderung. Das „Mobile Grüne Zimmer“ sei im Rahmen des Förderprojektes „Nutzungshandbuch Porschestraße inklusive Sofortmaßnahmen“ aufgestellt worden.
Dem war eine Bürgerbeteiligung zur Innenstadtentwicklung vorangegangen. „Im Besonderen wurde in diesem Zuge der Wunsch nach mehr Grün sowie beschatteten und kühlen Aufenthaltsmöglichkeiten geäußert“, erzählte Stein.
Während der Bund der Steuerzahler die Mainzer „Grünen Zimmer“, welche Kosten von rund 100.000 Euro pro Jahr verursacht hatten, als kostspieliges Symbolprojekt einstufte, wurde das Konzept in Wolfsburg deutlich wohlwollender aufgenommen. In Mainz hatte der Steuerzahlerbund kritisiert, dass das Betreiben und Instandhalten der bepflanzten Container mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden sei – von der Anzucht der Pflanzen über den Transport und Aufbau bis hin zu Pflege, Unterhaltung und Austausch beschädigter Pflanzen. Die Stadt Mainz reagierte schnell auf die Kritik: Noch im Oktober 2024 wurde angekündigt, künftig auf die „Grünen Zimmer“ zu verzichten.
In Wolfsburg fiel die Resonanz dagegen differenzierter aus. „Während der Testphase des „Mobilen Grünen Zimmers“ wurden überwiegend positive Erfahrungen gesammelt. Gleichzeitig war die Resonanz aus der Bürgerschaft im Online-Bewertungsportal im Vergleich zu anderen Maßnahmen jedoch verhältnismäßig gering“, erklärte Stein.
Daraus resultierte die Entscheidung, das Projekt nicht fortzuführen: „Gemeinsam mit der Stadt Wolfsburg und der Steuergruppe des Förderprogramms wurde beschlossen, die Maßnahme nicht fortzusetzen“, so Stein.
Die Anmietung inklusive Pflege, Wartung und Bewässerung wurde über das Förderprogramm „Resiliente Innenstädte“ aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. „Dieses Budget steht von 2025 bis 2028 für die Umsetzung des Förderprojektes inklusive der temporären und mobilen Maßnahmen zur Verfügung“, erläutert Stein. Die Förderquote beträgt 40 Prozent, der Rest wird von den dafür bereitgestellten Eigenmitteln der Stadt Wolfsburg getragen.
Trotz des Auslaufens des „Grünen Zimmers“ betont die WMG, dass die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt weiterhin im Fokus stehe. Gemeinsam mit der Stadt Wolfsburg, dem Ortsrat Stadtmitte und lokalen Unternehmen sollen nun alternative, temporäre Maßnahmen entwickelt werden – insbesondere, um mehr Grün und Schatten zu schaffen.
Parallel laufe die Suche nach langfristigeren Lösungen: „Ziel des ‚Nutzungshandbuchs Porschestraße‘ ist es unter anderem, Flächen für eine mögliche Entsiegelung und Begrünung der Porschestraße zu identifizieren“, so Stein.
Die Umsetzung sei jedoch komplex: „Aufgrund der zahlreichen Nutzungsansprüche – von Rettungswegen und Aufstellflächen über Außengastronomie bis hin zu Veranstaltungsflächen – sowie der hohen Zahl an Leitungsverläufen im Untergrund der ehemaligen Hauptverkehrsachse ist vor der Durchführung solcher langfristigen Maßnahmen eine intensive Abwägung notwendig“, ergänzte sie.
Erste kleinere Schritte wurden bereits umgesetzt: Im Rahmen des inzwischen beendeten Sofortprogramms „Perspektive Innenstadt!“ konnten am Südkopf sowie in der nördlichen Porschestraße Baumscheiben entsiegelt und neu bepflanzt werden.
„Zudem wurde dem Wunsch nach mehr Grün in der mittleren Porschestraße kurzfristig mit mobilen Grünelementen nachgekommen. Die Maßnahmen im Bereich der nördlichen Porschestraße sollen als Teil des aktuell laufenden Citysofortprogramms fortgeführt werden“, erzählte Stein.
Während Mainz seine „Grünen Zimmer“ als gescheitertes Prestigeprojekt verbucht, zieht Wolfsburg eine pragmatische Bilanz. Das mobile Grün auf Rollen war hier kein Fehlschlag, aber auch keine Lösung auf Dauer. Stattdessen sucht die Stadt nun nach langfristigen Konzepten, um ihre Innenstadt lebenswerter zu gestalten.