Wegen Fahrerflucht angeklagt:
Freispruch für 25-Jährigen
Der Mann soll einen Fußgänger angefahren haben – Ex-Freundin entlastet Angeklagten

Amtsgericht Wolfsburg: Ein 25-Jähriger musste sich unter anderem wegen Fahrerflucht verantworten.Foto: Ann Kathrin Wucherpfennig
Wolfsburg. Unbeleuchtete Straße und Platzregen: Bei diesen schlechten Sichtverhältnissen soll ein 25-jähriger Wolfsburger einen Fußgänger in Vorsfelde angefahren haben und dann geflüchtet sein. Der Unfall ereignete sich am 28. Juli 2024 um 1.57 Uhr auf dem Mühlenweg. Die Staatsanwaltschaft klagte den jungen Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung, unterlassener Hilfeleistung, Unfallflucht und Fahren ohne Führerschein an. Vor dem Amtsgericht sagte er nicht aus. Sein Strafverteidiger plädierte auf Freispruch. Aufgrund einer Zeugenaussage folgte der Richter diesem Antrag.

Von einem Aufprall und einem Schrei, den sie gehört habe, berichtete eine Studentin aus Göttingen, die am Unfalltag auf dem Mühlenweg fuhr, und als Zeugin geladen war. Sie habe den Unfall aus den Augenwinkeln gesehen. Der Zusammenstoß sei neben ihr auf der anderen Fahrspur passiert. Die Zeugin sagte: „Der Wagen vor mir hatte Warnblinker an. Vermutlich wegen des Fußgängers, der auf der anderen Straßenseite lief. Ich bin auch langsam gefahren.“

Laut der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Braunschweig habe der Angeklagte das Tempo seines Fahrzeuges nicht angepasst und den Fußgänger übersehen. Der Geschädigte schlug auf die Windschutzscheibe auf. Dabei erlitt er unter anderem eine Prellung im Gesicht und eine Gehirnerschütterung. Der Mann wurde im Klinikum Wolfsburg behandelt, er war rund eine Woche arbeitsunfähig.

Polizisten fertigten eine Skizze vom Unfallort an. Demnach sei der Unfall in der Kurve beim Penny-Markt passiert. Ein 31-jähriger Polizist erinnerte sich an den Platzregen und die unbeleuchtete Straße. „Ich dachte beim Ankommen: So wie das Fahrzeug aussieht, muss der Mensch schwer verletzt sein.“

Ein Ersthelfer berichtete, dass ihm eine Person entgegengekommen sei. Laut dem 35-Jährigen war die Person zwischen 20 und 30 Jahre und größer als 1,80 Meter. Die Studentin sprach von einer „sportlichen Person mit männlicher Statur“, die davongerannt sei.

Im Gerichtsaal zeigte der Richter die Fotoaufnahmen vom Unfallort. Darauf war ein grauer Volkswagen mit einer kaputten Windschutzscheibe zu sehen. Aufgenommen wurde auch, dass sich im Wagen diverse persönliche Gegenstände befunden haben.

Den Polizisten zufolge war der Unfallwagen abgeschlossen. Nach einer Halterabfrage klingelten sie bei der damaligen Freundin des Angeklagten. „Sie war verwundert und konnte uns nicht sagen, wo sich ihr Freund aufhält“, so ein 33-jähriger Polizist. Die Beamten nahmen den Zweitschlüssel des Wagens. Im Auto lag die Geldbörse mit dem Personalausweis des Angeklagten.

Einlassen wollte sich der Angeklagte vor Gericht zum Tatvorwurf nicht, das ließ er über seinen Anwalt mitteilen. Nur zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machte er Angaben. Er sei nicht verheiratet, habe keine Kinder. Er habe einen Realschulabschluss und eine Ausbildung als Garten- und Landschaftsbauer. Aktuell sei er arbeitslos und seine Eltern würden ihn finanzieren. Probleme mit Alkohol oder Betäubungsmitteln gebe es nicht. Allerdings gibt es vier Eintragungen im Bundeszentralregister. Denn Wolfsburger wurde schon mehrfach ohne Führerschein am Steuer erwischt.

Die heutige Ex-Freundin des Angeklagten sorgte durch ihre Aussage vor Gericht für Verwunderung bei Richter und Staatsanwältin. Denn gegenüber der Polizei hatte sie zweimal ausgesagt, dass sie vor dem Unfall mit dem Angeklagten alleine in ihrer Wohnung gewesen sei. Dort seien auch die Autoschlüssel für den Wagen gewesen, mit dem später der Unfall verursacht wurde. Im Amtsgericht Wolfsburg erzählte die 24-Jährige jedoch, dass sie schlafen gegangen sei und dann Geräusche in der Wohnung gehört habe. „Das waren vermutlich Kumpels von meinem damaligen Freund, daher hätte jeder das Auto nehmen können“, so die junge Frau, die inzwischen wieder bei ihren Eltern in Triangel wohnt.

Der Geschädigte sagte an diesem Tag nicht vor Gericht aus. Noch im Krankenwagen hab er vom Unfall berichtet, bei der Befragung durch die Polizei konnte er sich jedoch nicht mehr an den Unfall erinnern. Als Zeuge wurde der Geschädigte deshalb nicht geladen.

Nach der Beweisaufnahme stand für die Staatsanwältin fest, dass der Angeklagte eine Fahrerflucht begangen habe. Ihre Begründung: Die Zeugen hätten einen jungen Mann beschrieben, der auch Zugang zum Pkw gehabt habe. „Heute gab die Zeugin plötzlich etwas anderes an. Das ist eine schlichte Lüge. Damit wollte sie den Angeklagten schützen“, so die Staatsanwältin. Dass der Angeklagte vom Unfallort weggelaufen sei, „zeigt eine besondere Rücksichtslosigkeit“. Die Staatsanwältin forderte daher 160 Tagessätze zu 15 Euro, also eine Gesamtstrafe von 2.400 Euro.

Für den Verteidiger ergaben die Zeugenaussagen „kein stimmiges Bild“, es würden nur Indizien vorliegen, sonst nichts. „Niemand hat meinen Mandanten als Fahrer erkannt. Daher beantrage ich Freispruch“, betonte der Verteidiger.

Das Gericht sprach den Angeklagten frei. In seiner Urteilsbegründung betonte der Richter allerdings, dass er die Ansicht der Staatsanwaltschaft nachvollziehen könne, auch bei ihm gebe es Zweifel an der Aussage der Ex-Freundin. In Richtung der Anklagebank äußerte er: „Die Motive der Zeugin kenne ich nicht, aber sie haben großes Glück gehabt.“ Das Gericht könne aufgrund der Indizien nicht nachweisen, dass der Angeklagte der Fahrer war. Auch die persönlichen Sachen im Auto würden dafür nicht ausreichen.

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