Der Krankheitsbild des Jungen hat die Familie über Jahre aufs Äußerste gefordert. Laut Mutter Nadine leidet ihr Sohn an einer Autismus-Spektrum-Störung und ausgeprägtem ADHS. „Eine Kombination, die uns als Familie täglich neu fordert, weil ein ‚normales‘ Familienleben nicht möglich ist", sagt die Mutter. Trotz der Diagnose sei es schwierig gewesen, Hilfen für Emil wie zum Beispiel eine Ergo- und Autismustherapie zu erhalten. Auch eine Schulbegleitung für das Kind zu erreichen, sei ein Kraftakt gewesen.
Seit frühester Kindheit tue sich Emil in alltäglichen Dingen sehr schwer. Laute Geräusche, viele Menschen um ihn herum und der Besuch der Schule würden zu einer Überreizung bei dem Jungen führen. „Er bricht oft völlig verzweifelt zusammen, schreit und verletzt sich selber“, erzählt die Mutter.
Die Eltern Nadine und David fühlten sich mit der Zeit zunehmend hilfloser. Bei einem sogenannten „Meltdown“, einem unkontrollierbaren psychischen Zusammenbruch, der durch Reizüberflutung ausgelöst wird, sei es immer schwieriger geworden, an das Kind heranzukommen.
Anfang des Jahres verstarb dann noch der Großvater von Emil. Der Zustand des Sechsjährigen verschlechterte sich. „Der Großvater hat Emil ohne Worte verstanden und konnte ihn beruhigen”, schildert die Mutter. Im Rahmen einer wöchentlich tiergestützten Pädagogik und Reittherapie haben die Eltern dann erfahren, welche „erstaunliche Wirkung Tiere auf Emil haben“, berichtet die Mutter.
Vor allem die auf dem Hof anwesenden Hunde hätten es dem Sechsjährigen angetan. Die Vierbeiner seien eine Art Ruhepol für den Jungen gewesen. „Sie beruhigten ihn auf eine Weise, die wir bislang nicht für möglich gehalten haben.“ Nun möchten die Eltern ihrem Sohn eine solche Verbindung zu einem tierischen Begleiter dauerhaft ermöglichen.
Ein speziell ausgebildeter Assistenzhund soll Emil auf vielfältige Weise unterstützen. Der Vierbeiner kann den Jungen zum Beispiel in die Schule und in Arztpraxen begleiten. Die Eltern nahmen Kontakt zum WZ-Hundezentrum Rostock auf. Dort werden seit über 15 Jahren Assistenzhunde für Menschen mit besonderen Bedürfnissen ausgebildet „Die Ausbildung kostet rund 35.000 Euro, die wir das als Familie nicht alleine leisten können“, berichtet die Mutter.
Welche Bedeutung Hunde für den Alltag autistischer Kinder haben können, wissen Experten. „Die Tiere haben bei einem Meltdown eine beruhigende Wirkung. Kinder mit einem solchen Krankheitsbild lassen sich oft eher auf Tiere als auf Menschen ein“, erklärt Ulrich Zander, Geschäftsführer und Hundetrainer am WZ Hundezentrum.
Bei einem Meltdown lege sich der Hund beispielsweise über die Beine des Kindes und suchte immer wieder auf alle mögliche Weise den direkten Körperkontakt. Erst kürzlich habe der Hundetrainer in einem Einkaufszentrum erlebt, wie ein Hund ein autistisches Mädchen nach einem Zusammenbruch beruhigt habe. „Der Hund hat erst seit drei Tagen mit der Familie trainiert – und die Eltern waren total überrascht, dass sich das Mädchen so schnell beruhigte“, so Zander.
Im Alltag seien die Hunde bei vielen Situationen wie beim Einkaufen, im Straßenverkehr oder in der Schule eine Stütze. „Sie geben den Betroffenen vor allem Sicherheit”, sagt Zander. Über eine Begleitleine seien die Hunde mit den autistischen Kindern verbunden.
Wie findet sich der richtige Hund für die Betroffenen? „Wir besuchen die Familie mit drei oder vier Hunden und schauen, welcher überhaupt zu dem Kind möchte, denn das Tier muss mit dem Kind arbeiten wollen“, erklärt Zander, der seit 15 Jahren als Trainer arbeitet.
Bevor die Hunde den Menschen zur Seite gestellt werden, haben sie vorher aufwendige Gesundheitschecks durchlaufen. Ab dem Alter von 15 Monaten des Junghundes beginnt die zweieinhalb Jahre dauernde Ausbildung mit dem neuen Besitzer. Wie erklärt sich die Summe von 35.000 Euro? Neben dem Kaufpreis für den Welpen kommen laut Ulrich Zander Rechnungen für Tierarztbesuche aus bis zu drei Jahren zusammen. Das gesamte Futter, die Ausbildungskosten und die Nachversorgung gehörten ebenfalls dazu.
Das WZ Hundezentrum bildet die Assistenzhunde aus und arbeitet dabei mit dem Verein Servicehundezentrum zusammen. Der Verein wurde gegründet, um die Finanzierung von Assistenzhunden für Familien zu ermöglichen, die ein solches Projekt nicht alleine stemmen können.
Als Hunderassen kommen für die Aufgaben eines Autismusbegleithundes laut Ulrich Zander Labradore, Retriever und Labradoodle infrage. „Die Hunde werden von uns gezüchtet“, so Zander. Dadurch sei die Quote sehr hoch, dass die Hunde charakterlich passten. Das WZ Hundezentrum hat in der Region Wolfsburg Referenzen. Für das Klinikum Braunschweig sei Border Collie „Nox“ ausgebildet worden. Er arbeitet in der neuropädiatrischen Ambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.
Der Spendenaufruf für Emil ist über folgenden Link: www.wzhundezentrum.de/spenden/spendenaufruf-ein-assistenzhund-fur-emil erreichbar.